Neues Gesetz für Atommüllendlager: Alle suchen zusammen

SPD, Union und Grüne einigen sich auf einen Gesetzentwurf zur Endlagersuche für Atommüll. Er soll schnell beschlossen werden.

ein Bagger in einem Salzstock

Bleibt angeblich gleichberechtigt im Rennen: Gorleben Foto: dpa

BERLIN taz | Die Bundesumweltministerin ist hoch zufrieden. „Das vielleicht wichtigste umweltpolitische Gesetz dieser Legislaturperiode“ sei am Mittwoch in den Bundestag eingebracht worden, sagte Barbara Hendricks (SPD). Die Novelle des Standortauswahlgesetzes regelt, wie und nach welchen Kriterien in Deutschland nach einem Endlager für hochradioaktiven Atommüll gesucht wird.

Ausgehandelt wurde der Gesetzentwurf gemeinsam von Union, SPD und Grünen. Um den breiten Konsens zu betonen, stellt Hendricks das Gesetz zusammen mit den Atomexpert*innen dieser Parteien vor. Und die sind voll des Lobes. „Der Standort wird nicht nach politischen, sondern nach wissenschaftlichen Kriterien festgelegt“, sagt Steffen ­Kanitz (CDU).

Es sei gelungen, im Suchverfahren „größtmögliche Transparenz“ zu gewährleisten, erklärt Matthias Miersch (SPD). Und auch Sylvia Kotting-Uhl (Grüne) ist – trotz breiter Kritik von Umweltverbänden – „zu 98 Prozent“ zufrieden mit dem Gesetz; es setze die Empfehlungen der Endlager-Kommission mit Experten aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik „eins zu eins“ um.

Der umstrittene Salzstock Gorleben, der mehrere Jahrzehnte lang als Endlagerstandort erkundet wurde, bleibt wie geplant im Verfahren. Allerdings wird im Gesetz versucht, jeden Eindruck einer Vorfestlegung zu vermeiden. So gibt es anders als bisher künftig keine Sonderregel mehr, die nur in Gorleben Veränderungen verbietet, die die Eignung als Endlager gefährden würden, etwa Bohrungen für Geothermie. Die sogenannte Veränderungssperre für Gorleben läuft Ende März aus. Stattdessen kann das Bundesamt für kerntechnische Entsorgung künftig an allen potenziellen Endlagerstandorten Bohrungen verbieten.

Zudem bleibt es dabei, dass in allen geeigneten Gesteinsformationen nach einem Endlager-Standort gesucht wird; das sind Salz, Ton und Granit. Bayern und Sachsen hatten zuvor erneut versucht, Granitvorkommen – die es vor allem im Südosten gibt – auszuschließen.

Export von Atommüll nicht ausgeschlossen

Die Linkspartei war ebenfalls an den Beratungen über das Gesetz beteiligt, aber sie trägt den Entwurf nicht mit. „Die Klagerechte für Bürgerinnen und Bürger bleiben unzureichend und Gorleben ist immer noch im Verfahren“, sagte der Abgeordnete Hubertus Zdebel zur Begründung. Zudem sei ein Export von Atommüll nicht komplett ausgeschlossen.

Diese Exportmöglichkeit stieß auch bei vielen Umweltverbänden auf Kritik. Anders als von der Kommission vorgeschlagen, ermögliche der Gesetzestext den Export nicht nur, wenn etwa Brennelemente aus Forschungsreaktoren aufgrund völkerrechtlicher Verträge ins Ursprungsland zurückgeschickt werden müssen. Vielmehr ermögliche das Gesetz auch den Export von bis zu 457 Castor-Behältern, die aus den Anlagen Jülich und Hamm-Uentrop stammen, erklärte Jochen Stay von der Anti-Atom-Initiative .ausgestrahlt.

Während Umweltministerin Hendricks das als „Verschwörungstheorie“ zurückwies, zeigten Kotting-Uhl und Miersch Bereitschaft, den Gesetzentwurf an dieser Stelle noch einmal zu ändern. Der BUND kritisierte, dass das Gesetz offen lasse, ob das gesuchte Lager nur für hochradioaktiven oder auch für anderen Atommüll gedacht sei.

Die Umweltministerin hofft übrigens, dass sie die Einlagerung des ersten Atommülls noch erlebt – was aber eher unwahrscheinlich ist. Das Gesetz soll zwar noch im März verabschiedet werden, doch das Endlager wird nach Einschätzung von Experten frühestens im Jahr 2050 bereit zur Einlagerung sein. Dann wäre Hendricks 98 Jahre alt.

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