Neues Meldeverfahren nach Ehec-Epedemie: Die Schnecke soll schneller kriechen

Nach dem Ehec-Ausbruch will Gesundheitsminister Bahr, dass Ärzte und örtliche Ämter Krankheiten schneller dem Bund melden. Doch das darf weiterhin Tage dauern.

Keine kleinen Nacktschnecken – sondern Ehec-Erreger. Bild: dapd

BERLIN taz | Als Konsequenz aus der tödlichen Ehec-Epidemie will das Bundesgesundheitsministerium Ärzte, Kommunen und Länder verpflichten, Erkrankungen früher als bisher zu melden.

So sollten künftige Krankheitsausbrüche schneller erkannt und bekämpft werden können, sagte ein Sprecher von Minister Daniel Bahr (FDP) am Donnerstag der taz. Experten hatten kritisiert, dass die Behörden die Infektionswelle mit dem Darmkeim Ehec, die Anfang Mai begonnen hatte, zu spät erkannt hätten.

Tatsächlich dürfen derzeit laut Infektionsschutzgesetz rund zwei Wochen vergehen, bis eine Erkrankung oder Infektion vom Arzt über das örtliche Gesundheitsamt und das Land an das bundeseigene Robert-Koch-Institut (RKI) gemeldet wird. Das RKI ist Deutschlands wichtigste Behörde zur Überwachung von Krankheiten. Dennoch erfuhr es nach eigenen Angaben erst kurz vor dem Höhepunkt der Ehec-Krise davon, dass sich Infektionen mit dem Keim seit zwei Wochen häuften. Erst danach fing es mit der Suche nach der Quelle des Erregers an. Die Daten zu rund 50 Prozent der Fälle hätten das RKI erst nach mehr als vier Tagen nach Eingang beim Gesundheitsamt erreicht.

Gesetzentwurf des Gesundheitsministeriums

Im Entwurf für ein neues Infektionsschutzgesetz steht nun laut Gesundheitsministerium, dass die Übermittlung einer Meldung vom Gesundheitsamt über die Landesstellen an das RKI künftig höchstens drei statt wie bislang 16 Tage dauern darf. Das Gesundheitsamt müsse die Meldung von den Ärzten innerhalb von 24 Stunden erhalten, sagte der Ministeriumssprecher. Derzeit müssten die Mediziner ihre Meldung innerhalb eines Tages nur abschicken - "mit der Folge, dass im Extremfall der Brief nach 24 Stunden erst im Postkasten liegt und dann noch mal 24 Stunden auf dem Postweg ist". In Zukunft sei Briefpost praktisch ausgeschlossen. Das Kabinett solle am 31. August über den Gesetzentwurf abstimmen.

Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Karl Lauterbach, hält das Vorhaben für "eine Placebo-Maßnahme". Ihn stört vor allem, dass die Ärzte ihre Meldung auch weiterhin nur an das Gesundheitsamt schicken sollen, das dann das Land und dieses wiederum das RKI informiert - das Ganze darf also immer noch einige Tage dauern. "Das ist ein absurder Umweg", sagte Lauterbach der taz. "Wir brauchen ein Verfahren, bei dem die Krankenhäuser auf elektronischem Weg direkt an das Robert-Koch-Institut melden." Auch RKI-Chef Reinhard Burger hatte sich für ein Online-Meldesystem ausgesprochen. Allerdings wollte Burger den Umweg über das Gesundheitsamt und damit die Länder nicht antasten.

Denn die Landesbehörden wollen nicht Kompetenzen verlieren. "Bundesminister Bahr hat sich nicht mit den Ländern einigen können, weil die Länder weiter im Spiel bleiben wollen", erklärt Lauterbach. "Bahr ist zu schwach." Tatsächlich strebt der Minister seinem Sprecher zufolge eine Datenbanklösung an. Aber die Sache sei so komplex, dass sie erst einmal in einer Studie untersucht werden müsse. Lauterbach lässt das nicht gelten: "Die Fachgesellschaft der deutschen Nierenspezialisten hatte binnen eines Tages ein Onlineregister geschaltet, mit dem sie sich gegenseitig über Ehec-Fälle informieren konnten."

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