Neues Natur-Magazin: Im Dickicht der Interessen

„Wald – die ruhigen Seiten des Lebens“ versucht die Gratwanderung zwischen Corporate Publishing und Journalismus mit guten Geschichten.

Was ist groß und grün? Ein Wald. Bild: King_memphis / photocase.com

Wenn Deutsche an Natur denken, dann stellen sie sich einen Wald vor. Bäume, Wiese und ein Bach entsprechen der Idealvorstellung der Deutschen von Natur, hat eine Befragung des Bundesamtes für Naturschutz ergeben. Obwohl die Mehrheit die Natur wichtig bis sehr wichtig findet, hat sich bislang kein Verlag getraut, die Beziehung von Mensch und Wald publizistisch zu nutzen.

Der Social Publish Verlag in Hamburg wagt sich nun an das komplexe Thema und geht seit dem 19. September mit dem Magazin Wald – die ruhigen Seiten des Lebens an den Bahnhofskiosk. Vorläufig vier Ausgaben im Jahr mit einer Auflage von 25.000 Stück wollen der Verlag und Geldgeber „Stiftung Unternehmen Wald“ herausbringen.

Zwischen 60.000 und 100.000 Euro bringt die Produktion dem Unternehmen, sagt Verlagsgeschäftsführer Alexander Dorn, der sich in zwei Jahren 20.000 Abonnenten für Wald wünscht. 6.000 Abonnenten hat er schon, denn die Mitglieder der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald bekommen das Heft automatisch zugesandt.

In dem hundert Seiten starken Magazin überschneiden sich Corporate Publishing (CP) und Journalismus. Geschäftsführer Dorn findet, dass „Wald kein klassischer CP-Titel ist“, denn die Themen seien im Verlag entwickelt worden und außerdem habe „Waldfreund Kohlhöfer“, Philipp Kohlhöfer also, der Chefredakteur, sich das Wald-Konzept ausgedacht. Mit der Stiftung sei der Verlag eine „Gesinnungspatenschaft“ eingegangen.

Das Thema treffe punktgenau die Verlagsausrichtung auf Nachhaltigkeit und sozialökologische Verantwortung. Dorn produziert auch das Magazin enorm über nachhaltiges Wirtschaften und für den anthroposophischen Bio-Kosmetikhersteller Weleda das Magazin Werde.

Publizistische Marktlücke

„Ich bin Kaufmann“, sagt Dorn, der auch schon Geschäftsführer der Hamburger Morgenpost war und dann mit dem Journalisten Thomas Friemel den Social Publish Verlag gegründet hat. Sie haben mit den Themen Nachhaltigkeit und sozialökologisches Unternehmertum eine publizistische Marktlücke geschlossen. Die taz sitzt mit zeo2 in derselben Nische.

Unabhängig vom Thema sind CP-Magazine die Renner im Unternehmensmarketing. Rund 15.000 Titel zählt Michael Höflich, Geschäftsführer des Forum Corporate Publishing. „Entscheidend für die Glaubwürdigkeit ist die Transparenz“, sagt er. „CP-Titel sind marketinggetrieben – deswegen muss klar sein, wer der Absender ist.“

In der ersten Ausgabe von Wald überwiegt der journalistische Anteil. Eine Reportage über den Streit um den Nationalpark Schwarzwald oder ein Interview mit dem Undercover-Wald-Agenten Alexander von Bismarck über die weltweite Holzmafia könnten in jedem journalistischen Magazin erscheinen.

Wenn nicht in zwei Drittel aller Geschichten das Thema Nachhaltigkeit so stark im Vordergrund stünde, wäre der Bezug zur Stiftung deutlich geringer. Die sinnliche Seite des Waldes erzählen eine Reportage über Schweinehaltung im Eichenwald sowie ein Selbsterfahrungsbericht vom Wiederaufforsten im bayerischen Bergwald.

Eng verzahnt

Dabei hat sich der Geldgeber offenbar doch in die Redaktion eingebracht. Die Stiftung Unternehmen Wald ist eng verzahnt mit der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, zu deren wichtigsten Projekten die Wiederaufforstung zählt. 1948, im Gründungsjahr, wollten Mitglieder den deutschen Wald vor den „Reparationshieben der Alliierten“ schützen. Heute geht es darum, den „Wald in allen Facetten darzustellen“, deswegen das Magazin.

Stiftung und Schutzgemeinschaft finanzieren sich zu einem großen Teil aus Spenden von Unternehmen wie Klosterfrau Melissengeist, dem Arzeinmittelhersteller Bionorica und dem Baustoffhersteller Isover. Laut Satzung will die Stiftung Unternehmen stärker mit dem Thema Wald verbinden, um mehr Sponsoren aus der Wirtschaft zu gewinnen. Der Grat zwischen Unternehmensberichterstattung und Journalismus bleibt schmal.

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