Neugier und Loyalität: Im Namen der Freundschaft

Die taz wird im Netz mit „Likes“ mehr denn je bedacht – aber wer ist diese Gemeinde überhaupt?

Papierzeitungsleser im Beschaulichen – auf der Suche nach seiner Community. Bild: Jörg Kohn

Was ist eine Gemeinschaft? Wo beginnt eine Community? Ist eine Community eine Kommune? Oder bedeutet Kommune, dass jeder mit jedem schläft?

So steht es im „Duden“: Ge|mein|schaft:

1. das Zusammensein, -leben in gegenseitiger Verbundenheit.

2. Gruppe von Personen, die durch gemeinsame Anschauungen o. Ä. untereinander verbunden sind.

3. Bündnis zusammengeschlossener Staaten, die ein gemeinsames wirtschaftliches und politisches Ziel verfolgen.

Und zu Kom|mu|ne:

1. (Verwaltungssprache) Gemeinde (Dorf, Stadt o. Ä.) als unterste Verwaltungseinheit.

2. Wohngemeinschaft, die bürgerliche Vorstellungen hinsichtlich Eigentum, Leistung, Konkurrenz und Moral ablehnt.

Auch erläutert wird: Com|mu|ni|ty: Gemeinschaft, Gruppe von Menschen, die ein gemeinsames Ziel verfolgen, gemeinsame Interessen pflegen, sich gemeinsamen Wertvorstellungen verpflichtet fühlen; Gemeinde (3b) (besonders der Nutzer im Internet).

Der taz wohnt der Zauber aller drei Definitionen inne. Wir sind eine Kommune, aber nicht jeder schläft mit jedem. Wir haben unsere eigenen Vorstellungen von Leistung und Konkurrenz, das stimmt. Gleichzeitig haben wir eine große Community, verbinden die meisten taz-LeserInnen doch gemeinsame Wertvorstellungen. Manchmal sind wir auch eine Gemeinschaft, die durch gemeinsame Anschauungen miteinander verbunden ist.

Die taz hat viele verschiedene Wegbegleiter, FreundInnen und Unterstützer, die eng und weniger eng mit der Zeitung, dem Haus, dem Projekt taz verbunden sind. Ganz eng sind uns die GenossInnen. Sie ermöglichen unsere Existenz. 13.542 Menschen haben einen Genossenschaftsanteil gezeichnet und geben uns damit eine finanzielle Grundlage, auf der wir aufbauen können.

(Grün-)Donnerstag, zum 35. Geburtstag der taz, widmen wir uns auf vier Seiten der Community: Was die taz macht, was der Guardian plant – außerdem ein Gespräch mit taz-Genosse (und Bild-Zeitungsmann) Kai Diekmann.

Ähnlich nah sind uns die Abonnenten und LeserInnen. Täglich wird die gedruckte taz von bis zu 304.000 Menschen gelesen, die Druckauflage liegt bei etwa 58.000. Etwas weiter entfernt, da finanziell nicht eingebunden, sind unsere LeserInnen im Internet. Monatlich besuchen mehr als 4,7 Millionen Nutzer taz.de. Völlig frei und unverbindlich. Wir sind davon überzeugt, dass das so bleiben kann. Dafür haben wir ein deutschlandweit einzigartiges Bezahlsystem eingeführt: taz-zahl-ich. Jeder User kann freiwillig für die taz-Inhalte bezahlen, das machen aktuell etwa 5.000 pro Monat. Auf taz.de können Artikel kommentiert werden – dieses Angebot nutzen 3.500 registrierte NutzerInnen.

Es gibt noch viel mehr Menschen in unserem Kosmos, die uns völlig unverbindlich liken oder followen: Nutzer auf Social-Media-Kanälen. Derzeit folgen uns knapp 160.000 Twitterer, seit 1. April haben wir 100.000 Fans auf Facebook. Das sind beachtliche Zahlen, doch was sind das für Menschen? Wie viel Liebe steckt in einem „Like“?

Dürfen wir diese Menschen zu unserer Community zählen, zur Kommune, zu unserer Gemeinschaft? Und sind diese Nutzer bereit, für unabhängigen Journalismus zu bezahlen? Wie viel Umsatz steckt in einem „Like“? Antworten auf solche Fragen hat momentan niemand. Wir versuchen, all unsere Freundschaften, egal ob nah oder fern, ob feste Beziehung oder lockere Affäre, so gut wie möglich zu pflegen. Ohne Erwartungen – aber mit dem Wunsch, die einzelnen Wesen von unserem Kommune-Gedanken zu überzeugen.

Nicola Schwarzmaier