New York Times: Die Gratiszeitung

Werbung statt Paid Content: Die "New York Times" stellt ihr Archiv und Artikel, die bisher nur Abonnenten zugänglich waren, kostenlos ins Netz.

Die ehrwürdige New York Times in Bildschirmformat. Bild: ap

Der Trend zu vollständig freien Inhalten im Internet scheint nicht mehr aufzuhalten - selbst die US-Premium-Titel schwenken auf die reine Finanzierung durch Online-Reklame um. Letzte Nacht gab nun auch die New York Times ihren Versuch auf, mit Paid Content - Bezahlinhalten - Geld im Web zu verdienen.

Zuvor hatte das Blatt mindestens 50 US-Dollar im Jahr verlangt, damit man auf die Kolumnen von bekannten Autoren wie Maureen Dowd oder Paul Krugman zugreifen konnte; dieser Dienst hieß "TimesSelect". Wie Vivian L. Schiller, General Manager von nytimes.com sagt, sieht man das Wachstum nun in der Werbung. Freigeschaltet werden nun alle Inhalte, die bislang zahlenden "TimesSelect"-Kunden vorbehalten waren. Noch wichtiger ist jedoch die Öffnung des Archivs, das bislang nur zahlende Mitglieder bis zu 100-Mal im Monat konsultieren durften. Vom heutigen Tag bis ins Jahr 1987 zurück sollen alle Inhalte, die das Blatt publiziert hat, auch im Web zu finden sein. Kostenpflichtig bleiben nur die Inhalte der Jahre 1923 bis 1986. Ein historisches Archiv aus der Zeit von 1851 bis 1923 wird gratis sein, weil darauf kein Urheberrecht besteht.

Der Schritt erstaunt zunächst, da "TimesSelect" profitabel war. Laut Schiller erreichte der Dienst in den zwei Jahren, in denen er lief, 227.000 zahlende Nutzer - Zeitungsabonnenten, die den Dienst kostenlos erhielten, nicht eingerechnet. Das Blatt verdiente damit zehn Millionen Dollar im Jahr. Schiller sagte jedoch, die Wachstumserwartungen für die bezahlten Inhalte seien "sehr gering" gewesen - im Vergleich zu denen bei der Online-Werbung. Dort gibt es Wachstumsraten, die über denen bei Print- und TV-Werbung liegen.

Aktuell zieht die Webseite der NY Times laut Zahlen von Nielsen/NetRatings 13 Millionen Nutzer im Monat an und ist nach eigenen Angaben das größte Zeitungsangebot in den USA. Das soll sich durch die freien Inhalte weiter steigern. Vor allem geht es um jene Nutzer, die über Suchmaschinen wie Google auf die Seiten gelangen. Denn sind die Archiv-Inhalte frei im Netz und von der Suche erfasst, kann auf den dann frei zugänglichen Seiten Werbung verkauft werden. Bislang war das NY Times-Material nach einigen Monaten in das zu bezahlende "TimesSelect"-Archiv gewandert und damit nicht mehr für das Schalten von Online-Werbung verfügbar.

Vor dem vollständigen Umschwung auf Werbefinanzierung haben viele Zeitungen jedoch auch Angst, weil sie im Print-Geschäft nach wie vor ein Polster durch Abozahlungen erhalten - dieses fällt im freien Web weg. Zudem ist der Online-Werbemarkt durchaus zyklisch. In der Dotcom-Zeit starben viele Angebote, weil ihnen nach dem Wegbruch der Web-Reklame die Einnahmen fehlten. Premium-Titel wie die NY Times galten dank ihres einzigartigen Angebots daraufhin als besonders Paid-Content-fähig, vor allem dann, wenn Nutzer ein Abo abschließen konnten und nicht für einzelne Artikelabrufe zahlen mussten.

Nach wie vor unklar ist, ob das Wall Street Journal dem Beispiel der New York Times folgt. Rupert Murdoch, der neue Eigner des Journal, hat angedeutet, das Blatt öffnen zu wollen. Aktuell sind die meisten Inhalte kostenpflichtig. Allerdings verdient das WSJ wesentlich mehr Geld mit seinem Bezahlbereich: 2006 gab es dort 931.000 Web-Abonnenten, die jährlich 100 Dollar für den exklusiven Zugriff zahlten.

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