Newt Gingrich will eine neue Welt: Widewide wie sie ihm gefällt

Der republikanische Präsidentschaftsbewerber hat viele kreative Ideen – für die US-Amerikaner, die Welt und das Weltall. Jetzt muss er nur noch Präsident werden.

Langweilig wäre es mit Newt Gingrich als Präsident der USA auf jeden Fall nicht. Bild: reuters

Große Männer haben große Ziele. Und große Pläne. Newt Gingrich möchte Präsident der USA werden. Und ganz so unwahrscheinlich ist das nicht. Bei den Vorwahlen in South Carolina lag er vorn, jetzt liegt er Kopf an Kopf mit Mitt Romney als republikanischer Bewerber für die Präsidentschaftskandidatur. Und wenn er es wird, weiß er auch schon, wie die Welt dann aussehen wird. Sie wird auf jeden Fall spannender, im Großen wie im Kleinen.

Schulen und Gefängnisse, das Selbstverständnis der US-Amerikaner, die Raumfahrt und das Kräfteverhältnis der großen Staaten – all das will Gingrich angehen. Kriegt er die Gelegenheit dazu, dann werden Eltern in den USA ständig vor Lehrerzimmern und in Schulsekretariaten rumhängen und jeden, der vorbeikommt, fragen: „Wie läuft‘s mit meinem Kind?“ Er will ihnen nämlich ihr „Recht zu wissen“ zurückgeben.

Niemand anderes soll über das Wohl der Kinder entscheiden können, als die Eltern selbst – das amerikanische Ideal von Eigenverantwortung schimmert in diesem Plan durch. Und das soll gefälligst wieder so groß und selbstverständlich werden, wie es zu den schönsten Zeiten des Kalten Krieges war.

Das kann Gingrich auch begründen. Es ist der amerikanische Exzeptionalismus, den er wieder ganz groß rausbringen will. „Wir sind das einzige Volk, das sagt, dass jeder einzelne Macht direkt von Gott bekommt.“ Er beruft sich dabei auf die Gründerväter und darauf, wie sie Natur des Menschen verstanden hatten. Die Rechte, die der Einzelne hat, kann ihm niemand nehmen – also müssen auch die verdammten Lehrer endlich in ihre Schranken gewiesen werden.

Diese große Angst, dass die individuelle Freiheit des Einzelnen eingeschränkt werden könne, dass aus Bürgern Objekte werden, diese große Angst vor Sozialismus, sie ist an Newt Gingrich ganz besonders hübsch zu beobachten. Sein Ausweg, um nicht zu sagen, dass er Angst hat, ist, zu sagen, er ist was besonderes. Und so wie er sind es alle US-Amerikaner.

Vorbild Texas

Auch den Justizapparat hat Gingrich schon im Blick. Die Gefängnisse sollen reformiert werden, sie sind schlicht zu teuer (und da leben ja Leute auf Kosten des Staates drin, das geht gar nicht). Vorbild ist, ganz im Ernst, Texas. Texas, dessen Gefängnisse voller sind als in irgendeinem anderen Bundesstaat. Die Kosten hat Texas unter anderem damit reduziert, dass es an den Wochenenden einfach kein Mittagessen mehr gibt.

Aber Texas hat es geschafft, dass die Zahl derjenigen, die eingebuchtet werden, abnimmt. Im Jahr 2008, nachdem die große Reform begonnen hatte, waren es 30 Menschen weniger. Aber immer noch 130 mehr als im US-Durchschnitt im Verhältnis zur Einwohnerzahl. Wie gesagt, Gingrich hat große Ziele.

Was die Bekämpfung des Terrorismus angeht, hat Gingrich ganz besonders aufregende Vorstellungen. Nicht genug, dass er das FBI aufteilen will in eine Gruppe von „Ermittlern, die mit den bürgerlichen Rechten und Freiheiten sehr respektvoll umgeht“ und eine andere, die es damit nicht so genau nimmt: „Ein kleines, aber aggressives Antiterror-Team“, das mit Sonderrechten ausgestattet ist.

Nein, er wünscht sich eigentlich auch, dass diese Antiterror-Ermittler nicht allzu erfolgreich sind, hilft ein gelegentlich erfolgreicher Terroranschlag doch dabei, eben diese Antiterroreinheit des FBI zu legitimieren. Gingrich ist Systemtheoretiker - die Selbstorganisation von Institutionen hat er durchschaut und macht sich jetzt nicht einmal mehr die Mühe, diese zu verschleiern, nein, er geht offensiv mit ihr um. Man freut sich schon auf die vielen neuen Bücher der Verschwörungstheoretiker.

Kriege aller Art

So viel zur inneren Verfassung der USA. Aber noch viel mehr Mühe gibt sich Gingrich, wenn er an die ganze Welt denkt. Oder gar über sie hinaus. Er möchte, dass die US-Amerikaner demnächst nicht nur das schönste Land der Erde bevölkern, sondern auch den Mond. Bis Ende 2020 soll es eine feste Mondstation geben und er träumt davon, dass 13.000 US-Amerikaner aus dem Mond den 51. US-Bundesstaat machen.

Für den Planeten Erde hat Gingrich auch die eine oder andere Idee. Insbesondere unliebsame andere Großmächte, die dem amerikanischen Exzeptionalismus zuwider laufen, hat er dabei im Visier. Sollten die Russen und die Chinesen nicht ein bisschen handzahmer und angepasster werden, will er ihnen mit einem Cyberwar deutlich machen, wer hier auf Erden (und dem Mond) das Sagen hat. Den mit dem Iran wird er natürlich fortsetzen, das versteht sich von selbst.

Und unter seinen Fittichen wird es solche Eskapaden, wie sie Wikileaks betrieben haben, selbstverständlich auch nicht mehr geben. Leute wie Julian Assange sind Kriegsgegner und als solche auch zu behandeln.

Aber Gingrich hat nicht nur genug von denen, die geographisch weit weg liegen, sondern vor allem von denen, die direkt vor Floridas Nase liegen. Und er will mit diesem kubanischen Sozialistenzirkus aufräumen, mit allen Mitteln, auch militärisch.

Also, sollte Newt Gingrich von den Republikanern aufgestellt und dann von den US-Wählern ins Amt gehoben werden, steht uns und den US-Amerikanern eine aufreibende Zeit bevor. Und vermutlich eine amüsante.

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