Nibali sorgt bei der Tour für Spannung: Respektloser Italiener auf dem Rad

Nur er kann Spitzenreiter Wiggins bei der Tour de France noch gefährlich werden: Vincenzo Nibali macht sich über Konkurrenten lustig und verspricht eine große Show.

Cooler Hund: Vincenzo Nibali. Bild: dapd

BELLEGARDE-SUR-VALSERINE taz | Vincenzo Nibali ist hungrig. „Ich will alle drei großen Rundfahrten gewinnen. Die Vuelta habe ich schon. Fehlen noch zwei“, sagte der Sizilianer übermütig der Zeitung l’Equipe. Darauf warten, bis ihm der Kurs eine Gelegenheit auf dem Tablett serviert, will er nicht.

„Radsport ist keine Mathematik, bei der man nur frühere Abstände im Zeitfahren und in den Bergen zu addieren braucht, um den Sieger zu bestimmen. Der König der Tour wird auf der Straße ermittelt. Und da kann viel passieren“, sagte der Kapitän des Teams Liquigas der taz.

Damit spielt er nicht nur auf Stürze und Defekte an, die ein Klassement radikal durcheinanderbringen können, sondern auch auf Renninstinkt, auf das Nutzen von Gelegenheiten, wenn der Gegner schwächelt. „Das ist es doch, was die Leute lieben.“ Renninstinkt und Durchsetzungswillen bringt der Mann vom Fuße des Vulkans Ätna reichlich mit.

„Ich musste mir immer alles selbst erarbeiten. Ich bin früh aus Sizilien weg, weil ich mein Talent nur in den besseren Radsportstrukturen in Mittel- und Norditalien entwickeln konnte.“ Auch im Sport selbst wurde dem 27-Jährigen wenig geschenkt. „Ich war schon als Junge kein guter Sprinter. Ich musste immer den anderen wegfahren, um zu gewinnen“, sagt er.

Dieses Kämpfernaturell hat er sich bewahrt. Nibali gilt nicht nur als guter Bergauffahrer, sondern auch als der beste Abfahrer im Peloton, als einer, der das Risiko nicht scheut und spät bremst. Mit einer Spur Verachtung blickt er auf den von seinem Team Sky umhegten Spitzenreiter Bradley Wiggins: „Die fahren immer in der Gruppe. Wenn sich ein anderer Fahrer dazwischendrängt, werden sie hochgradig nervös. Auf diese Weise ist Wiggins im letzten Jahr bei der Tour gestürzt.“ Sein Rezept dagegen lautet, sich auf das eigene Reaktionsvermögen zu verlassen.

Wider den Lieben, Glatten und Angepassten

Überhaupt hält er öffentlich recht wenig von Wiggins. „Er zeigt hier bislang eine starke Vorstellung. Aber ich fühle mich ihm nicht unterlegen. Was hat er denn schon gewonnen? Einen dritten Platz bei der Spanienrundfahrt. Bei mir stehen der Vuelta-Sieg und zwei Podiumsplätze beim Giro zu Buche“, lässt er die Muskeln spielen. Mit solchen Ansagen ragt Nibaldi aus dem Feld der Lieben, Glatten und Angepassten momentan heraus.

Nur einen schätzt er als besser ein als sich selbst: Alberto Contador. Im Gegensatz zum Gros der Konkurrenz ist er sogar traurig, dass der Spanier, dem der Toursieg 2010 wegen Doping aberkannt wurde, nicht dabei ist. „Mit Contador würde das Rennen anders verlaufen, viel aggressiver“, bedauert er.

So bleibt angesichts der bisherigen Überlegenheit von Wiggins und dem Zaudern der Verfolger Evans und Mentschow nur er übrig, um noch einmal die Spannung auf Frankreichs Straßen zurückkehren zu lassen. Nibali lauert, so verspricht er, auf einen Moment, an dem die anderen einen Angriff am allerwenigsten erwarten. Wer also ein spannendes Rennen will, sollte die Daumen drücken, dass Vincenzo Nibali schnell, vielleicht schon bei der Alpenetappe am heutigen Donnerstag, eine solche Gelegenheit erspäht.

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