Nicht schwuler, sondern kreativer: Poschardt peinlich homo-panisch

In einem Trump-Kommentar forderte „Welt“-Chef Poschardt, Deutschland solle „schwuler“ werden. Nach einem Shitstorm änderte er es zu „kreativer“.

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Eingeknickt? Vielleicht hilft Viagra! Foto: pixabay (CC 3.0)

BERLIN taz | „Soll er doch. Er kann uns mal“, hatte Ulf Poschardt kämpferisch über seinen Kommentar zum Trump-Interview der Bild-Zeitung geschrieben. Er lobt die Globalisierung, die Deutschland so viel Gutes tue, mahnt Weltoffenheit aber auch wirtschaftliche Reformen an und endet in einem Aufruf, den er selbst (in gekürzter Form) über die sozialen Netzwerke der Welt verbreitete: „Unser Ehrgeiz sollte geweckt sein. Die Verteilung globalen Wohlstands wird von den USA künftig aggressiv zu ihren Gunsten entschieden werden – wenn wir uns nicht wehren und besser, mutiger, fleißiger, innovativer, freier, offener, schwuler, multikultureller werden.“

Es folgte: Ein Shitstorm. Oder mehrere, und zwar von links und rechts. Die einen fanden seinen Neoliberalismus unmöglich, seinen Aufruf zu mehr Ehrgeiz in einer ambitionierten globalen deutschen Politik. Die anderen kritisierten vor allem seine Aufrufe zu Weltoffenheit, besonders zu „schwuler“ und „multikultureller“. Via Twitter maulte Poschardt bald: „wenn man wegen „schwul“ & „multikulturell“ die toitschen an der backe hat und wegen „neoliberal“ die linke: es ist die selbe humorlosigkeit“.

Seine Lösung: „Kreativer“ ist ja fast das gleiche wie „schwuler“. Also ersetzt Poschardt einfach das Wort. Klammheimlich, man muss es ja niemandem auf die Nase binden. Im Text steht nun „kreativer“, im Facebook-Meme „schwuler“. Gegen „kreativer“ kann ja nun wirklich niemand etwas haben.

Genervtes Augenrollen in der Homo-Presse. Das Newsportal queer.de weist darauf hin, dass man „schwuler“ wenigstens durch „toleranter“ oder „vielfältiger“ hätte ersetzen sollen. So sei es „ein doppelt peinlicher Griff in die Klischeekiste“.

Das stimmt. Auf den Schritt voran – gelebte Homosexualität gehört auch bei Springer zum Alltag und mehr noch zum Ausdruck einer offenen, fortschrittlichen Gesellschaft, yeah! – ein Schritt zurück, vielleicht sogar zwei: Nicht nur, dass Poschardt und die Welt-Redaktion vor dem Shitstorm der Homo-Hasser einknicken. Sie tun es auch nur hier, nicht bei ihren anderen (von verschiedenen Seiten) beshitstormten Aussagen.

Homo-Freundlichkeit ist wieder mal Verhandlungsmasse, kann ausgeschaltet werden, wenn der öffentliche Druck zu groß wird. Wenigstens sind Poschardt und die Welt bei „multikulturell“ nicht eingeknickt.

Update 18.1.17: Ulf Poschardt hat seinen Kommentar erneut geändert, „by popular demand“, also wegen der großen Nachfrage (schreibt er auf Facebook): Aus „kreativer“ ist nun „schwuler, lesbischer“ geworden. Der nächste Shitstorm kommt bestimmt.

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