Niedersachsens Stichwahlen: Christdemokraten machen ernst

Bei den Stichwahlen in Niedersachsen erobert die CDU weitere Chefposten in Rathäusern. In Lilienthal wurden Grüne auf Normalmaß zurecht gestutzt.

Freuen sich nach der Stichwahl: Der neue Celler Oberbürgermeister Jörg Nigge (CDU) und seine Crowd Foto: Holger Hollemann/dpa

HAMBURG taz | Nach zwölf Jahren mit großen Mehrheiten für den Ex-Grünen Willy Hollatz stellt in Lilienthal bei Bremen die CDU wieder den Bürgermeister. Insgesamt haben sich die Christdemokraten im Nachgang zur Kommunalwahl vom 11. September in Niedersachsen in sechs von 14 Stichwahlen durchgesetzt. Unterm Strich hat die SPD jedoch mehr Direktkandidaten durchgebracht. Den größten Anteil stellen unabhängige Bewerber.

Hollatz hatte sich 2004 in Lilienthal ebenfalls in der Stichwahl gegen einen CDU-Kandidaten durchgesetzt und es damit zum dritten grünen Bürgermeister in Niedersachsen gebracht. Seiner Partei, die bis dahin bei fünf Prozent dümpelte, verhalf er zu ungeahnten Höhenflügen von bis zu 33 Prozent. Bei seiner Wiederwahl im Jahr der Atomkatastrophe von Fukushima holte er selbst 73 Prozent der Stimmen.

Kurz vor der aktuellen Kommunalwahl trat er nach 30 Jahren aus der Partei aus. „Es ging um die Zusammenarbeit, die ich sehr vermisst habe“, sagt Hollatz. Statt das Gespräch mit ihm zu suchen, hätten einzelne Mitglieder der grünen Fraktion versucht, ihn im Gemeinderat vorzuführen.

Die Konsequenzen gezogen

Die Kommunalparlamente in Niedersachsen werden alle fünf Jahre neu gewählt. Die Wahlperioden der Bürgermeister und Landräte sind damit nicht immer synchron.

Am 11. September wurden zugleich die Bürgermeister und Landräte von 37 Kommunen gewählt.

Bei den Gemeinderatswahlen erhielt die CDU 36 Prozent der Stimmen, die SPD 32, die Wählergemeinschaft WGR 12 und die Grünen 9.

Bei den Kreistagswahlen siegte die CDU mit 34 Prozent gegenüber der SPD mit 32, den Grünen mit 11, der AfD mit 8 und der WGR mit 6 Prozent.

„Das guckt man sich eine Zeitlang an und denkt irgendwann: Das ist gewollt“, sagt Hollatz. Daraus habe er die Konsequenzen gezogen.

Die Grünen in Lilienthal seien bei der Kommunalwahl mit knapp 15 Prozent wieder auf ein „realistisches Ergebnis“ gestutzt worden, sagt deren örtlicher Fraktionschef Jörg Flömer. Ohne das Zerwürfnis wären vielleicht zwei bis drei Prozentpunkte mehr drin gewesen, vermutet er.

Die WählerInnen hätten den Grünen wohl übel genommen, dass sie zwei von sechs Grundschulen in dem 19.000-Einwohner-Städtchen geschlossen hätten. Dass sich der unverbrauchte, freundliche CDU-Kandidat Kristian Willem Tangermann in der Stichwahl gegen Jens Erdmann von der SPD durchsetzen würde, sei absehbar gewesen.

Steinmeier sprang bei

Auch in dem mit 70.000 EinwohnerInnen wesentlich größeren Celle holte sich die CDU bei der Stichwahl das Amt des Bürgermeisters zurück: Jörg Nigge setzte sich mit 50,7 Prozent knapp gegen den bisherigen Oberbürgermeister Dirk-Ulrich Mende (SPD) durch. Die als strukturell konservativ geltende Beamtenstadt war bis 2009 jahrzehntelang von CDU-Bürgermeistern regiert worden.

Um dafür zu sorgen, dass die SPD-Herrschaft ein Ausrutscher bleibt, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel ihrem Parteifreund Nigge mit einem Wahlkampfauftritt Schützenhilfe geleistet. Um den SPD-Mann Mende zu unterstützen, war Außenminister Frank-Walter Steinmeier nach Celle gekommen.

Bei der Stichwahl gaben nur noch knapp die Hälfte der Wahlberechtigten ihre Stimme ab –immer noch mehr als bei den Stichwahlen für die Landratsposten in Helmstedt und Göttingen, an denen sich jeweils nur gut 30 Prozent beteiligten.

Schwarz gegen – oder mit – Rot

Im Landkreis Helmstedt setzte sich Gerhard Radeck von der CDU mit 61 Prozent deutlich gegen den kommissarisch amtierenden Landrat Hans Werner Schlichting von der SPD durch.

Im Landkreis Göttingen behält Landrat Bernhard Reuter von der SPD mit 56 Prozent der Stimmen sein Amt. Bereits im ersten Wahlgang hatte er deutlich vor seinem CDU-Herausforderer Ludwig Theuvsen gelegen.

In der Region Hannover zeichnet sich indes ein neues politisches Bündnis ab. Nach dem Verlust der rot-grünen Mehrheit vor zwei Wochen hat der SPD-Unterbezirksvorstand am Sonnabend beschlossen, Gespräche mit der CDU aufzunehmen – um Themen zu identifizieren, um in den kommenden fünf Jahren gemeinsam zu handeln.

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