Niedersächsisches Mobilfunknetz: Funkl..cher in Nied..sa…en

Der niedersächsische Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) will den Ausbau des Mobilfunknetzes beschleunigen – auch mit landeseigenen Millionen.

Ein Techniker wartet einen Mobilfunkmasten.

Davon hätte Niedersachsen gerne ein paar mehr: Mobilfunkmasten Foto: dpa

HANNOVER taz | Die Karte, die Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) hoch hält, sieht aus, als ob jemand über Niedersachsen buntes Konfetti ausgekippt hätte. Über alle Landkreise ziehen sich lila, grüne und blaue Punkte. Rund 3.800 sind es insgesamt und jeder einzelne davon steht für ein Funkloch, das Bürger dem Ministerium gemeldet haben.

Bisher sei er für die Funkloch-Aktion, belächelt worden, sagt Althusmann. Die Karte zeige nun, dass es „erheblichste Defizite in der Mobilinfrastruktur“ gebe – als hätte daran jemals jemand gezweifelt, der schon einmal versucht hat, während einer Fahrt durch Niedersachsen zu telefonieren.

Althusmann will etwas daran ändern und die drei großen Mobilfunkanbieter Telekom, Vodafone und O2 stärker in die Pflicht nehmen. Mobiler Gigapakt nennt der Wirtschaftsminister das etwas großspurig. Mit den Unternehmen will er noch in diesem Jahr verbindliche Vereinbarungen für den Ausbau des Mobilfunknetzes treffen. Das Ziel sei eine flächendeckende Versorgung: Auf jedem abgelegenen Bauernhof, Campingplatz oder den Bahnstrecken sollen die Niedersachsen künftig Netz haben.

Wo sich der Ausbau wirtschaftlich für die Betreiber nicht rechnet, will das Ministerium mit einem eigenen Landesförderprogramm aushelfen und den Differenzbetrag übernehmen, damit die Firmen trotzdem Masten auf dem platten Land aufstellen. „Unter einem zweistelligen Millionenbetrag werden wir da nicht raus gehen“, sagt Althusmann.

Bei der Versorgung mit Mobilfunk geht es nicht nur ums Telefonieren, sondern auch um die Nutzung des mobilen Internets.

Der Standard bei der mobilen Datenübertragung der dritten beziehungsweise aufgestockten vierten Generation nennt sich LTE (Long Term Evolution). Laut Telekom gibt es hier eine maximale Downloadgeschwindigkeit von 300 MBit/s.

MBit pro Sekunde bezeichnet die Datenübertragungsrate. Die kleinste Dateneinheit ist das Bit. Mega steht für eine Million, Giga für eine Milliarde.

Anfang 2019 sollen voraussichtlich die Lizenzen für 5G-Netze unter den Anbietern versteigert werden. Dieser neue Mobilfunkstandard soll Höchstgeschwindigkeiten von bis zu zehn Gigabit pro Sekunde bieten.

Er schätzt die Kosten auf 20 bis 50 Millionen Euro. „Bei der Versorgung mit Mobilfunk in Deutschland haben wir versagt“, sagt der Minister mit Blick auf die vergangenen Jahre. „Da hat sich kein Mensch drum gekümmert.“ Die Zusagen der Mobilfunkunternehmen seien nicht ausreichend kontrolliert worden.

Im Juli hat das Bundesverkehrsministerium auf einem Mobilfunkgipfel mit den Unternehmen bereits eine Vereinbarung geschlossen. Bis Ende Dezember 2020 sollen 99 Prozent aller Haushalte bundesweit und im Laufe des Jahres 2021 dann 99 Prozent aller Haushalte in jedem Bundesland mit LTE-Standard (siehe Kasten) versorgt sein.

Diese Unterscheidung ist wichtig, weil sich die Betreiber sonst auf die großen Städte konzentrieren und unlukrative Flächen im ländlichen Raum unversorgt lassen könnten. Die Länder haben sich gemeinsam mit dem Bund und den Kommunen auf dem Gipfel bereits dazu verpflichtet, „investitionsfördernde Rahmenbedingungen“ für den Ausbau herzustellen. Althusmann will zunächst prüfen, warum die Wahrnehmung der Bürger nicht mit den Angaben der Mobilfunkversorger übereinstimmt.

Die Telekom ist von der Karte des Ministers nicht begeistert. „Die Erhebungsmethode allein scheint fragwürdig“, sagt Unternehmenssprecherin Stefanie Halle. Die Bürger konnten zwar Funklöcher melden. Auch das Ministerium selbst weist jedoch darauf hin, dass dieser Eindruck sehr subjektiv sein kann und beispielsweise auch schwaches Netz gemeldet worden sein könnte. Überprüft, ob dort tatsächlich Funklöcher existieren, hat das Ministerium noch nicht.

„In Niedersachsen liegt die durchschnittliche LTE-Versorgung durch die Telekom bei knapp 95 Prozent“, sagt Halle. „Wir bauen unser Netz immer weiter aus.“ Es werde jedoch immer Gebiete geben, in denen die Versorgung schwierig sei.

Hohe Investitionen

Vodafone-Sprecher Volker Petendorf bestätigt, dass es bereits Gespräche mit dem Wirtschaftsministerium gebe. Auch er verweist darauf, dass sein Unternehmen viel investiere: In den kommenden zwei Jahren seien Baumaßnahmen mit einem Volumen von 55 Millionen Euro in Niedersachsen geplant, „mit dem Ziel, auch bei LTE eine nahezu flächendeckende Netzversorgung zu schaffen.“ Dazu, was Vodafone vom Land Niedersachsen fordert, um alle Lücken zu schließen, sagt er nichts.

Ex-Wirtschaftsminister Jörg Bode von der FDP-Fraktion hält es für rechtlich nicht möglich, einzelne Mobilfunkmasten zu fördern und auch den Sinn der Funkloch-Karte kann er nicht erkennen: „Es sind nur wieder weitere Monate ins Land gestrichen, ohne dass über Castingshows und Gesprächskreise hinaus etwas passiert ist“, sagt Bode. Damit Standorte im ländlichen Raum wirtschaftlich errichtet werden könnten, bräuchten sie in der Nähe einen Glasfaseranschluss. Dieser Ausbau müsse in den betroffenen Regionen beschleunigt werden.

Auch der Grünen-Abgeordnete Detlev Schulz-Hendel hätte es sinnvoller gefunden, statt der Bürger einfach die Kommunen über Funklöcher zu befragen. Die wüssten flächendeckend über das Netz in ihrer Region Bescheid. Zudem sei es Aufgabe der Mobilfunkunternehmen, die Versorgung zu gewährleisten. „Die Kunden zahlen ja dafür“, sagt Schulz-Hendel, der ohnehin den Bund und nicht das Land in der Verantwortung sieht. „So ein Förderprogramm nimmt die Mobilfunkunternehmer ganz schnell aus der Pflicht.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.