Skandalheim Haasenburg: Sieg für die Kinder

Das Heim im Brandenburgischen muss schließen – dank hartnäckiger Recherchen der taz-KollegInnen.

Auch "Hello Kitty" kann nicht darüber hinwegtäuschen, was hinter diesen Glasscheiben geschah. Bild: dpa

Christian Dietz alias Christian Haase, Erfinder der Haasenburg GmbH, darf diesen Tag verfluchen. Am 26. November 2012 lud die Hamburger Sozialbehörde Journalisten zu einem Pressetermin ein. Auch Kaija Kutter von der taz.nord erschien. Die vielleicht hartnäckigste Kollegin, die diese kleine Zeitung aufbieten kann und eine der neugierigsten obendrein, schrieb nicht nur auf, was die Politiker sagten und gerne am nächsten Tag in der Zeitung lesen wollten. Sie las die trockene Drucksache, die verteilt wurde, bis zum Schluss.

Ein friedlicher Name

Darin stand etwas von geschlossener Unterbringung für Jugendliche. Diese Form der Jugendhilfe sei wichtig, allerdings müsse – glücklicherweise – kein neues Heim im feinen Hamburg geschaffen werden. Im Bundesgebiet gäbe es genug Häuser. Zurzeit seien zudem 15 minderjährige Hamburger außerhalb der Hansestadt geschlossen untergebracht. Kutter hörte zum ersten Mal von einer Einrichtung, deren Name friedlich klang: Haasenburg. Dies sei ein Betreiber, sagte der Politiker, der selbst die schwierigstes Klientel gebändigt bekäme.

Kaija Kutter und Kai Schlieter hoffen darauf, dass die Jugendlichen entschädigt werden. Bisher hat sich niemand bei ihnen entschuldigt.

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Kutter wollte wissen, was das ist: die Haasenburg GmbH. Nach ersten Gesprächen wurde ihr das erste Dokument zugespielt: eine Einwilligungserklärung, in der Sorgeberechtigte einer Fixierung zustimmen mussten. Erste Recherchen führten sie zu einem Jungen, der die Haasenburg kannte. Es waren erste mündliche Spuren einer Geschichte, die sich zu einem der größten Jugendhilfeskandale der vergangenen 20 Jahre auswachsen sollte.

Beklemmung, Schrecken, Wut

Irgendwann kam ein ganzes Konvolut Dokumente. Wer diese mit Herz und Verstand liest, empfindet Beklemmung, Schrecken und Wut. Kutter brauchte Unterstützung. Ihr Chef bat im Frühjahr die Reportage- und Rechercheabteilung der taz um Amtshilfe. So begann eine monatelange Recherche, die erst Mitte Juni ihren Niederschlag auf zunächst drei Seiten der taz fand.

"Der Horror am Waldrand" hieß die Geschichte, und erst diese Veröffentlichung veranlasste das brandenburgischen Bildungsministerium zu handeln. Ebenso die Haasenburg GmbH, die ab nun versuchte, die taz juristisch in die Knie zu zwingen.

Endlich: Die Schließung der Heime

Am 6. November spätesten verlor die Firma ihren Kampf, den sie mit viel Geld noch immer führt: Das Ministerium in Potsdam reagierte zwar spät, dann aber konsequent und kündigte die Schließung der Heime der gequälten Kinder an. Der Mut von Informanten, deren Leben bedroht wurden, war stärker.

Es ist ein Sieg für diese Kinder und Jugendlichen, denen jahrelang niemand Glauben schenkte.

Kai Schlieter