Notdienste in Schleswig-Holstein: Landpartie zur Apotheke

Ein neues System regelt, wo es außerhalb der normalen Öffnungszeiten in Schleswig-Holstein Medikamente zu kaufen gibt. Verlierer sind manche Kleinstädte.

Für Bewohner mancher Kreisstädte nicht mehr so einfach zu erreichen: Apotheken im Notdienst Bild: dpa

HAMBURG taz | Wer in Schleswig wohnt und krank wird, brauchte bisher keinen weiten Wege einzuplanen. In der 23.000-Einwohner-Stadt gibt es unter anderem ein Krankenhaus, 22 niedergelassene Hausärzte und zehn Apotheken. Das hat sich mit dem Jahreswechsel geändert – die Apotheken in Schleswig-Holstein haben ihren Notdienst umgestellt. Bis dahin kam es nur selten vor, dass keine der Apotheken im Ort im Notdienst war. Jetzt müssen die Schleswiger mehr als zehn Kilometer raus aufs Land fahren – allein im Januar an zehn Tagen.

Die Notdienste werden jetzt nach einem ganz neuen System verteilt. Früher waren die Apotheken in 50 unterschiedlich großen, regionalen Gruppen zusammengeschlossen, die sich Nacht für Nacht abwechselten. Hier und da gab es Sonderregelungen: In manchen Orten endeten die Notdienste um 20 Uhr, anderswo öffneten die Apotheken in der Nacht nach Ermessen des Besitzers. Diese Struktur haben zu einer ungleichmäßigen Versorgung der Patienten und ungerechten Verteilung der Lasten unter den Apothekern geführt, argumentiert die Apothekerkammer.

Sie organisiert jetzt die Verteilung für das ganze Land. Dafür wurde festgelegt, wie weit die Patienten maximal bis zur nächsten Notdienst-Apotheke fahren sollen. Wer in einem kleinen Dorf wohnt, dem mutet die Apothekerkammer einen Weg von bis zu 38 Kilometern zu, den Bewohnern von mittelgroßen Städten von maximal 16 Kilometern (siehe Kasten). Verkürzte Notdienste sind nicht mehr erlaubt.

Kreisstädte wie Schleswig oder Rendsburg sind die Verlierer dieser Reform. Ärzte und auch einzelne Apotheker kritisieren diese Verschlechterung. Bei der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holsteins ist man diplomatisch. Die Notdienste seien Sache der Apotheker, sagt Sprecher Delf Kröger. Doch es wäre schön, wenn es die Patienten von den Praxen, wo es nachts und feiertags einen hausärztlichen Notdienst gibt, nicht so weit hätten zur nächsten Apotheke, sagt er. Diese Praxen liegen meist in Krankenhäusern – in Kreisstädten.

Nach dem neuen System der Apothekenkammer gibt es in der Nacht und an Feiertagen garantiert eine Apotheke im Notdienst in einem bestimmten Umkreis - je nach Ortsgröße.

Mehr als 70.000 Einwohner: höchstens zehn Kilometer.

20.000 bis 70.000 Einwohner: höchstens 16 Kilometer.

5.000 bis 20.000: höchstens 23 Kilometer.

Weniger als 5.000 Einwohnern: höchstens 38 Kilometer.

Karl-Stefan Zerres von der Apothekerkammer Schleswig-Holstein verteidigt das neue System. Es gebe an einigen Orten Verschlechterungen – wie in Schleswig – doch in anderen auch Verbesserungen. Außerdem würden nicht einmal die Hälfte der Notdienst-Kunden mit einem Rezept kommen, das hätten Studien aus anderen Ländern gezeigt. Zerres ist überzeugt, dass die Wege zumutbar sind. Er macht aber auch klar: „Anspruch auf Bequemlichkeit gibt es beim Notdienst nicht.“

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