Novelle beim Bafög: Schlau werden mit dem Bund

Nach jahrelangem Streit unterstützt der Bund nun Länder und Kommunen im Bereich der Bildung. Und Studenten dürfen auf mehr Geld hoffen.

Kann auf mehr Bafög hoffen: Studentin in Berlin. Bild: ap

BERLIN taz | Wiedersehen unter guten Feindinnen: Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) und ihre rheinland-pfälzische Kollegin Doris Ahnen (SPD) durften am Dienstag erläutern, wie die Große Koalition die versprochenen sechs Milliarden Euro in ihr Top-Thema Bildung investieren will. Als Verhandlungsführerinnen der Arbeitsgruppe hatten sie sich während der Koalitionsgespräche im Herbst gegenseitig blockiert. Die ParteichefInnen übernahmen.

Der gefundene Kompromiss sieht vor, dass der Bund ab Januar allein die Ausbildungsförderung für Schüler und Studierende schultert. Derzeit steuern die Länder 35 Prozent der Ausgaben bei.

Der Bund will außerdem Geld in die Schaffung neuer Studienplätze stecken, die Länder stärker beim Kitaausbau unterstützen und ihnen Umsatzsteuereinnahmen abtreten. Weitere drei Milliarden aus dem Bundeshaushalt fließen bis 2017 in außeruniversitäre Forschungseinrichtungen.

Die Länder sollen sich verpflichten, die eingesparten Milliarden in ihre Kitas, Schulen und Hochschulen zu stecken. „Gerade die Übernahme des Bafögs durch den Bund ist ein Schritt nach vorn. Das nimmt viel, viel Druck weg“, sagte der Sprecher der SPD-Länder, Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz.

Eine Garantie dafür, dass das Geld tatsächlich bei Kindern und Jugendlichen ankommt, gibt es nicht. Man müsse sich aber keine Sorgen machen, dass die Länder es für den Straßenbau verwendeten, beruhigte Scholz. „Es wird exakt für Schulen und Hochschulen eingesetzt.“

Langer Atem war notwendig

Scholz hatte den Deal zusammen mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vorbereitet. Kabinettskollegin Wanka saß erst bei Verkündung der Ergebnisse wieder mit am Tisch. Während der Koalitionsverhandlungen (Koalitionsvertrag (PDF)) hatte sie sich noch heftig gegen den SPD-Vorschlag gesträubt, das Bafög allein aus ihrem Haushalt zu bezahlen. „Die Einigung zeigt: Es lohnt sich, intensiv zu verhandeln“, sagte eine gutgelaunte Doris Ahnen.

Als Bildungspolitikerin ist Wanka im föderalen Deutschland weitgehend machtlos, weil das Grundgesetz keine einfache Kooperation zwischen Bund und Ländern zulässt. Auch das soll sich ändern, Union und SPD wollen eine Verfassungsänderung in Angriff nehmen. „Für mich das Wichtigste, denn das wirkt weit über den Tag hinaus“, sagte Wanka.

Als nun alleinige Bafög-Ministerin stellte Wanka eine substanzielle Reform zum Wintersemester 2016/17 in Aussicht. Eine halbe Milliarde Euro will ihr Ministerium pro Jahr ausgeben und die Sätze erhöhen, den Empfängerkreis vergrößern und die Lücke zwischen Bachelor- und Masterstudium schließen.

Letzte Reform ist vier Jahre her

„Dann wird es auch höchste Zeit“, meint der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, Achim Meyer auf der Heyde. Die letzte Reform sei bereits vier Jahre her.

Derzeit erhält ein familienversicherter Studierender maximal 597 Euro fürs Wohnen und Leben. Stiege dieser Satz um 60 Euro bei gleichem Empfängerkreis, würde das nach Berechnungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung 448 Millionen Euro pro Jahr verschlingen.

Der grüne Hochschulsprecher Kai Gehring fordert, die Bafög-Erhöhung vorzuziehen. „Die Entlastung für die Länder kommt sofort, während die Studierenden noch zwei Jahre warten müssen“, kritisierte er.

Entäuscht reagierte auch der Lehrerverband Bildung und Erziehung. Vorsitzender Udo Beckmann moniert, dass sich der Bund weiterhin nicht um die Schulen kümmert. „Insbesondere das Kernthema Inklusion ist von dieser Einigung ausgenommen. Bildungsrepublik sieht anders aus.“

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