Nukleargipfel in Washington: Ferne Vision atomwaffenfreier Welt

Das Treffen wird dominiert von der Sorge über eine atomare Bewaffnung von Terroristen. Staatliche Arsenale sind kein großes Thema.

Obama schaut ernst vom Podium

Der US-amerikanische Präsident hat die Welt nicht atomwaffenfrei gemacht Foto: dpa

GENF taz | Im April 2009 verkündete Barack Obama als erster US-Präsident seit Beginn des atomaren Zeitalters vor über 70 Jahren die „Vision einer atomwaffenfreien Welt“ und kündigte konkrete Maßnahmen seiner Regierung auf dem Weg zu diesem Ziel an. Ganz wesentlich wegen dieser Ankündigung erhielt Obama 2010 den Friedensnobelpreis.

Sieben Jahre nach seiner Rede ist die Welt weiter von der Vision einer atomwaffenfreien Welt entfernt als damals, nicht zuletzt auch wegen der bisherigen Politik der Obama-Administration. Das ist die Bilanz des zweitägigen sogenannten Nukleargipfels in Washington, der in der Nacht zum Samstag zu Ende ging. Diese Nukleargipfel hatte Obama nach seiner Prager Rede ins Leben gerufen. Die ersten drei fanden 2010, 2012 und 2014 in Washington, Seoul und Den Haag statt.

Dominiert wurden der vierte Nukleargipfel und die Abschlusserklärung der 50 Teilnehmerstaaten von der „wachsenden Gefahr, dass Atommaterial in die Hände von Terroristen geraten“ könne. Dieses Risiko bestehe „fortwährend“.

Zur Eröffnung des Gipfels hatte Obama erklärt, die „Verrückten“ der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) würden vor einem Anschlag mit nuklearem Material nicht zurückschrecken.Nach den IS-Anschlägen in Brüssel am 22. März hatten belgische Medien berichtet, die verantwortliche Islamistenzelle habe geplant, eine sogenannte schmutzige Bombe mit radioaktivem Material zu bauen. In diesem Zusammenhang sei ein belgischer Atomexperte per Videokamera überwacht worden. Möglicherweise habe die IS-Zelle beabsichtigt, den Mann zu entführen und zur Herausgabe radioaktivem Materials zu zwingen.

Atomwaffenfreiheit kein Thema

„Mehr Arbeit muss noch getan werden, um nicht-staatliche Akteure davon abzuhalten, atomares oder anderes radioaktives Material zu bekommen, das für bösartige Zwecke benutzt werden könnte“, heißt es in der Abschlusserklärung. Die „Verringerung der Gefahr von nuklearem Terrorismus“ erfordere „stete Wachsamkeit auf allen Ebenen“. Die Abschlusserklärung enthält außerdem im Anhang fünf Aktionspläne , die die Abstimmung der Teilnehmerländer mit Institutionen wie der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) und der internationalen Polizeibehörde Interpol verbessern sollen.

Was die existierenden Atomwaffenmächte tun müssten, um der Vision einer atomwaffenfreien Welt näher zu kommen, war kein Thema auf dem Gipfel. Vor sieben Jahren in Prag hatte Obama angekündigt, unter seiner Regierung würden die USA endlich das Abkommen für einen umfassenden Teststop von Atomwaffen ratifizieren. Damit ist auch in den noch verbleibenden neun Amtsmonaten Obamas nicht mehr zu rechnen.

Vage kündigte der US-Präsident neue Bemühungen zu bilateralen atomaren Abrüstungsvereinbarungen mit Russland an. Dass sowohl Russland wie auch die USA derzeit umfangreiche, beiderseits als „Modernisierung“ verharmloste atomare Aufrüstungsmaßnahmen vorantreiben, kam auf dem Gipfel nicht zur Sprache. Der russische Präsident Wladimir Putin war der Einladung Obamas zu dem „Nukleargipfel“ diesmal nicht gefolgt.

Iran als positives Beispiel

Verfehlt hat Obama damit auch das seinerzeit in Prag erklärte Ziel, „den Atomwaffensperrvertrag zu stärken“. Ganz wesentlich wegen der Weigerung der fünf offiziellen Atomwaffenmächte USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien, ihre Arsenale endlich abzurüsten, war schon 2015 die New Yorker Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag gescheitert.

Der einzige Erfolg der Obama-Administration auf dem Weg zu einer atomwaffenfreien Welt ist das Abkommen mit Iran über Teherans Nuklearprogramm. Der Iran müsse nun Zugang zur Weltwirtschaft erhalten, erklärte Obama: „In dem Maße, in dem der Iran seinen Teil des Vertrags erfüllt, ist es aus unserer Sicht wichtig, dass die internationale Gemeinschaft auch ihren Teil erfüllt.“

Bei einem Gespräch mit seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping drängte der US-Präsident darauf, Nordkorea wegen seines Atomwaffenprogramms und seiner jüngsten Raketentests stärker unter Druck zu setzen. Xi rief auch Nordkorea dazu auf, seine Atomwaffen aufzugeben.

In einem weiteren Treffen warnte Obama gemeinsam mit dem japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe und der südkoreanischen Präsidentin Park Geun-hye die Regierung in Pjöngjang vor weiteren Provokationen und drohte mit noch schärferen Sanktionen. Möglicherweise als Reaktion auf diese Erklärungen aus Washington schoss das nordkoreanische Militär nach Angaben der südkoreanischen Regierung am Freitag wieder eine Rakete in Richtung offenes Meer ab.

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