Obamas Rede zur Lage der Nation: "Es ist an der Zeit, zu handeln"

US-Präsident Obama ruft in seiner Ansprache die Republikaner zur Zusammenarbeit auf, denn die Wirtschaft stehe über den Wahlen. Und steckt sich ehrgeizige Ziele.

Public Viewing: In Tucson treffen sich Amerikaner, um gemeinsam die Rede im Fernsehen zu verfolgen. Bild: dapd

WASHINGTON taz | Brücken, Straßen, Hochgeschwindigkeitszüge, Internet und Schulen - das sind die konkreten Themen von Barack Obama, um neue Arbeitsplätze zu schaffen und um die USA aus der Krise zu führen. Am Dienstagabend hielt er die jährliche Ansprache zum Zustand der Union vor dem Kongress. Es war die zweite Bestandsaufnahme seiner Amtszeit – und die erste vor einem mehrheitlich mit oppositionellen RepublikanerInnen besetzten Repräsentantenhaus.

An ihre Adresse machte der demokratische Präsident zahlreiche Gesten und Angebote zur Zusammenarbeit: von der Einfrierung staatlicher Ausgaben bis hin zur gemeinsamen Grenzsicherungspolitik. Zugleich versicherte er seiner eigenen Basis, dass er an den sozialen und gesellschaftlichen Reformen seiner ersten Amtshälfte festhalten will – von der Gesundheitsreform über die Emanzipation von Homosexuellen im Militär bis zur Vergabe von Aufenthaltsgenehmigungen an junge Leute mit Migrationshintergrund.

"Dies ist der Sputnik-Moment unserer Generation", sagte Obama. Statt in den Weltraum – wie zu den Zeiten des Kräftemessens zwischen USA und Sowjetunion - will er in terrestrische Objekte investieren. Vor allem in drei Bereichen: Ausbildung, neue Umwelttechnologieen und Infrastruktur. Unter anderem möchte Obama, dass schon im Jahr 2015 auf den Straßen der USA eine Million Elektroautos unterwegs sein werden. Und er fordert weitehrin, dass die Ölgesellschaften künftige keine Steuergeschenke mehr bekommen ("sie kommen sehr gut allein zurecht"), sondern dass das Geld in andere Energie-Technologien investiert werde – von der Sonnen- und Windenergie bis zum Atomstrom.

Als Gäste bei Obamas zweiter State of the Union-Rede saßen diverse us-amerikanische HeldInnen auf der Ehrentribüne neben der First Lady. Unter ihnen der Soldat Salvatore A. Giunta, der im vergangenen Jahr für seinen Einsatz für einen schwer verletzten Soldaten in Afghanistan vom US-Präsidenten die Medal of Honor bekommen hat (die erste, die seit dem Vietnam-Krieg verliehen wurde). Und der Praktikant Daniel Hernandez, der nach der Schießerei von Tucson der schwer verletzten Kongressabgeordneten Gabrielle Giffords erste medizinische Hilfe leistete. Den 21jährigen Hernandez, der aus einer mexikanischen Familie stammt und offen schwul ist, hatte Obama bereits bei einer Hommage für die Opfer der Schießerei in Tucson hoch leben lassen.

Doch zu einer stärkeren Kontrolle des Waffenbesitzes kam von Obama nichts. Auch zu anderen von der linken Basis erwarteten kontroversen Themen sagte der Präsident kein einziges Wort. So schwieg er auch zum Gefangenenlager Guantánamo, dessen Schließung er dereinst versprochen hatte. Ausführlich – und mehrfach – lobte der Präsident das Engagement der kämpfenden US-Truppen. Zugleich bekräftigte er den Beginn des Truppenabzugs aus Afghanistan ab dem kommenden Juli. Ins Fünf-Jahres-Sparprogramm bezieht Obama das Militär ein. Der Präsident will sämtliche Bundesausgaben bis ins Jahr 2016 einfrieren.

Als Zeichen ihrer Bereitschaft zur überparteilichen Zusammenarbeit hatten sich zahlreiche Abgeordnete währen der einstündigen Präsidentenrede neben KollegInnen der anderen Partei gesetzt. Doch die Reaktionen aus der Republikanischen Partei auf Obamas Ansprache waren gewohnt scharf. Die offizielle Antwort an den Präsidenten gab Paul Ryan, Republikaner aus Wisconsin und neuer Chef des Haushaltskommittees. Er machte die Demokraten, deren Präsident erst auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise ins Weiße Haus eingezogen ist, für die massive Verschuldung der USA verantwortlich.

Anders als bei allen vorausgegangenen State of the Union-Reden, äußerte sich in diesem Jahr nach Ryan auch noch eine Repräsentantin der Tea-Party-Bewegung vom rechten Flügel der Opposition. Zum Ärger von sowohl republikanischen als auch demokratischen ParteistrategInnen bekam Michele Bachman vom TV-Sender CNN die Gelegenheit zu einer Gegenrede.

Einheitlich hingegen reagierten die DemokratInnen auf ihren Präsidenten. SprecherInnen vom rechten wie vom linken Parteiflügel lobten seine Rede. "Natürlich hätte ich gerne mehr Garantien für die Sozialversicherung und weitergehende Vorschläge für die Gesundheitsreform gehört", sagte der demokratische Abgeordnete Anthony Wiener. "Aber in diesem Moment war er perfekt."

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