Öffentlicher Nahverkehr in Frankfurt: Wahlkampf um die Tickets

Am Sonntag ist erster Wahlgang in der Mainmetropole. Am Thema, wie der ÖPNV besser und billiger werden kann, kommt niemand vorbei.

Menschen in Frankfurt an Bushaltestelle

Nulltarif wäre toll. An den Kapazitäten müsste noch gefeilt werden Foto: dpa

FRANKFURT AM MAIN taz | „Tarife senken“ steht auf den Wahlplakaten von Frankfurts amtierendem Oberbürgermeister Peter Feldmann, SPD. „Jahresticket für alle für 365 Euro“, plakatiert die grüne OB-Kandidatin Nargess Eskandari-Grünberg. „Nulltarif im ÖPNV“, fordert die Linke Janine Wissler. Nur die Kandidatin der CDU, Bernadette Weyland, und der unabhängige ehemalige Ordnungsdezernent, Volker Stein, beteiligen sich nicht an dem Wettbewerb, wer die niedrigsten Gebühren für Busse und Bahnen aufruft. Sie halten weder Flatrate noch Nulltarif für finanzierbar.

Immerhin hat das Thema im OB-Wahlkampf in Frankfurt am Main – am kommenden Sonntag steht der erste Wahlgang an – eine große Rolle gespielt, lange bevor die Bundesregierung mit ihrem Brief an die EU dazu Modellversuche angekündigt hat. Einen besonderen Coup landeten der amtierende Oberbürgermeister und sein Verkehrsdezernent, beide SPD, als sie zum Jahreswechsel erstmals seit Bestehen des Rhein-Main-Verkehrsverbunds eine Preissenkung für Einzelfahrscheine und Tageskarten durchsetzen konnten. Für Feldmann ein starkes Argument für eine zweite Amtszeit.

Auch für den grünen Verkehrsminister Tarek Al-Wazir, der im Oktober bei der hessischen Landtagswahl auf ein neues Mandat für die schwarz-grüne Landesregierung hofft, steht das Thema ganz oben. So wird er nicht müde, das landesweite „Schülerticket“ als eine Erfolgsgeschichte zu preisen.

Seit Herbst vergangenen Jahres sind SchülerInnen und Auszubildende in ganz Hessen mit Bussen und Bahnen mobil, wenn sie für 365 Euro im Jahr ein solches Ticket erwerben. Steht ihnen wegen der Entfernung zwischen Wohnung und Schule eine Kostenerstattung zu, ist für sie das Jahresticket sogar umsonst. Außerdem hat die Regierung ein kostenloses Jobticket für die 145.000 Bediensteten des Landes eingeführt. Allerdings muss der geldwerte Vorteil des Freifahrtscheins versteuert werden.

Job- und Schülertickets gelten für ganz Hessen

Für eine Mitarbeiter*In, die täglich zwischen Frankfurt und Wiesbaden pendelt, ergibt sich eine Ersparnis von fast 900 Euro. So teuer war nämlich die Jahreskarte. Job- und Schülertickets gelten im Übrigen für Fahrten in ganz Hessen. So hat die Landesregierung Anreize geschaffen, das Auto stehen zu lassen und die Luft in den Städten zu entlasten.

Den Vorstoß aus Berlin halten jedoch weder die Verantwortlichen in Frankfurt noch die Landesregierung für seriös. Die grüne Frankfurter Umweltdezernentin Rosemarie Heilig spricht von einem „Schnellschuss“, ihr Parteifreund Al-Wazir nennt ihn „nicht durchdacht“. Der zusätzliche Ansturm, der auf Busse und Bahnen bei einem Nulltarif zukäme, wäre mit dem bestehenden System kaum zu bewältigen, da sind sich alle Experten einig.

Der Ansturm auf Busse und Bahnen bei einem Nulltarif wäre kaum zu bewältigen

Milliarden Investitionen wären zusätzlich erforderlich, schätzt der grüne Verkehrsminister. Laut Geschäftsführer des Rhein-Main-Verkehrsverbunds, Knut Ringat, fehlten in diesem Verbund jährlich 900 Millionen Euro, würden keine Tickets mehr verkauft werden. Der Vertrieb der Fahrscheine und die Kontrollen kosten 70 Millionen Euro.

Im wichtigsten Bereich des RMV, in Frankfurt am Main, sind die vorhandenen Verkehrssysteme ohnehin an der Auslastungsgrenze. Da sich vier U-Bahnen die Schienen der einzigen unterirdischen Nord-Süd-Verbindung, alle S-Bahnen sowie zwei weitere U-Bahnen den Tunnel in Ost-West Richtung teilen müssen, kommt es schon bei geringen Störungen zu starken Behinderungen. Die Pendler aus den ländlichen Regionen, die an den ÖPNV nur schlecht angebunden sind, bleiben auf ihr Auto angewiesen. Nulltarif und Flatrate würden so nicht unbedingt für saubere Luft im Rhein-Main-Gebiet sorgen.

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