Ökologische Gebäudesanierung in Taiwan: Der grüne Riese

Der asiatische Inselstaat verpasst seinem größten Wolkenkratzer eine energetische Sanierung für 2 Millionen US-Dollar. Experten von Siemens halfen beim Umbau.

Bis 2010 war der Taipeh 101 "das höchste Haus der Welt". Bild: dpa

TAIPEH taz | 509 Meter misst der Turm, der Taiwans Wandel vom Billigproduktionsstandort zur Hightech-Schmiede verkörpert. Bis 2010 trug er den Titel "höchstes Haus der Welt". Seit man in Dubai aber noch höher baute, hat das Management ein neues Ziel im Blick: Das Taipei 101 soll das höchste "grüne" Gebäude der Welt werden.

Der Gedanke kommt nicht von ungefähr. Denn das Taipei 101 gilt als "das Symbol Taiwans". "Wir arbeiten hier wie unter einem Vergrößerungsglas und müssen an unsere Arbeit besondere Maßstäbe anlegen", sagt Cathy Yang, die Vizepräsidentin der Betreibergesellschaft. Zugleich soll der ökologische Umbau ökonomischen Nutzen bringen. Im Jahr 2008 explodierten die Energiepreise.

Berater schlugen vor, das Mammutgebäude für ein sogenanntes Leed-Zertifikat fit zu machen, ein privatwirtschaftlich getragenes Benchmarksystem für mehr Energieeffizienz. Dass solche Systeme zuweilen als Marketinggag kritisiert werden, kontert Cathy Yang damit, dass zertifizierte Immobilien für Mieter attraktiver seien, da sie geringere Nebenkosten und einen Imagegewinn versprechen.

Außerdem erzielten sie unter Umständen höhere Mieten und Verkaufspreise. Für Taiwan gilt das Taipei 101 als Leuchtturmprojekt, denn die große Energiesparwelle hat das Land noch nicht erfasst. Nach Jahrzehnten des Wachstums um jeden Preis steckt in vielen Köpfen die Einstellung: Was für die energiehungrige Großindustrie gut ist, kann für das Land nicht schlecht sein.

Künstlich niedrige Strompreise

Zwar hat die Regierung das Ziel ausgegeben, den Ausstoß des Treibhausgases CO2 bis 2025 auf das Niveau der 210 Millionen Tonnen des Jahres 2000 zu drücken. Doch vieles ist noch halbherzig. So soll der Anteil erneuerbarer Energien im Jahr 2030 gerade mal 16 Prozent betragen - in einem Land, das zu den wichtigsten Solarmodulproduzenten der Welt gehört.

Taiwans staatseigener Energieversorger hält die Strompreise künstlich niedrig, und überall laufen die Klimaanlagen auf Hochtouren. Die Vorschrift, dass öffentliche Einrichtungen wie Einkaufszentren nur auf 26 Grad heruntergekühlt werden dürfen, wird flächendeckend ignoriert.

Taiwans Pro-Kopf-Stromverbrauch liegt 50 Prozent über dem deutschen. Zwei Millionen US-Dollar investierte Yangs Unternehmen in den grünen Umbau des Riesenturms. Zum Drehen an den vielen technischen Stellschrauben holte Yang Spezialisten von Siemens an Bord.

Die Münchner haben energetische Optimierung als Geschäftsfeld entdeckt. Gebäude verursachen etwa 40 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs - da lässt sich viel einsparen und verdienen. Im Schnitt könne man den Energieverbrauch von Bestandsimmobilien um etwa ein Drittel senken, sagt Peter Weiss, Chef von Siemens Taiwan.

Sensoren für die Klimaanlage

So viel ist es beim Taipei 101 nicht geworden. Um 20 Prozent ging der Energieverbrauch von 2007 bis 2010 zurück, von 290 Kilowattstunden pro Quadratmeter auf 240. "Wir sparen pro Jahr 700.000 US-Dollar an Energiekosten", rechnet Yang vor. "Die Investition hat sich schon gerechnet."

Den größten Effekt brachten neue Kontrollsysteme und Sensoren für Klimaanlage und Belüftung. Auch bei der Beleuchtung ließ sich noch etwas herausholen. Sparsame Sanitäranlagen und der Einsatz von Regenwasser zur Bewässerung der Grünanlagen drosselten außerdem den Wasserverbrauch, eine Recyclingrate von über 70 Prozent senkte die Abfallmenge.

Die meisten Gebäude, die sich tief unter Yangs Bürofenster in Taipeh zusammendrängen, sind von diesen Werten weit entfernt. Vielleicht deshalb wird Deutschlands diplomatische Vertretung in diesem Jahr ins "grüne" Taipei 101 umziehen.

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