Ökonomie-Experten machen Verluste: Nur bedingt wettbewerbsfähig

Das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut schlingert: Es kann sich am Markt nicht behaupten. Die Handelskammer will es nun alleine weiterführen.

Gegenstand regionaler Forschung: Hamburgs Hafenwirtschaft Foto: Daniel Reinhardt/dpa

HAMBURG taz | Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Die Ökonomen vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) tun sich schwer, sich am Markt zu behaupten. Das Institut hat Verluste gemacht, einer der beiden Gesellschafter will aussteigen. Der andere, die Handelskammer, entscheidet am 7. Juli, ob sie im Boot bleibt.

Die Handelskammer könnte nach den Vorstellungen ihrer Geschäftsführung das Institut für eine Übergangszeit alleine weiterführen – solange, bis ein neuer Partner gefunden ist. Im Kammer-Plenum, das darüber entscheiden muss, regt sich dagegen jedoch Widerstand.

„Die Frage lautet nicht: Braucht Hamburg ein renommiertes Wirtschaftsinstitut“, sagt Tobias Bergmann von der Kammer-Opposition. „Die Frage lautet: Soll das HWWI durch Zwangsbeiträge der Hamburger Unternehmerinnen und Unternehmer gerettet werden?“ Das sei schwerlich mit den ordnungspolitischen Positionen des Instituts vereinbar.

Das HWWI leiste sich auf Kosten der Hamburger eine Außenstelle in Bremen. Gerade erst habe die Kammer Gebühren im Bereich der Ausbildung erhöht. „Ist das die Zeit, solche Abenteuer einzugehen?“, fragt Bergmann.

Das HWWI ist 2005 aus dem Hamburgischen Weltwirtschaftsarchiv (HWWA) hervorgegangen, nachdem die Leibniz-Gemeinschaft dem Bund und den Ländern davon abgeraten hatte, das HWWA weiter zu fördern. Es sei für die Wirtschaftswissenschaft und -praxis nicht nützlich genug und es sei nicht abzusehen, dass sich das ändern werde.

Bibliothek abgespalten

Um das Institut für Hamburg zu erhalten, wurde dessen Bibliothek abgespalten und der Forschungsbereich in eine gemeinnützige GmbH überführt, die jeweils zur Hälfte der Handelskammer Hamburg und der Universität gehört. Zusammen mit weiteren Partnern gewährleisten beide die Grundfinanzierung des HWWI. Das restliche Geld müssen die Forscher mit Auftragsprojekten einspielen.

In den Jahren 2014 und 2015 ist das nicht gelungen. Das HWWI erwirtschaftete Verluste, die aus den Rücklagen ausgeglichen werden mussten. Die Probleme entstanden im Zusammenhang mit dem Abgang des vormaligen Direktors Thomas Straubhaar, wie Ulrich Brehmer, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Handelskammer, bestätigt.

Danach habe es einen gewissen Leerlauf gegeben. Die neue und inzwischen wieder abgeschaffte Doppelspitze habe nicht funktioniert. Anders als dem in der öffentlichen Debatte sehr präsenten Straubhaar gelang es ihr offenbar nicht, genügend Aufträge an Land zu ziehen.

Seitdem der verbliebene Geschäftsführer Henning Völpel die alleinige Verantwortung habe, sei wieder eine klare Ausrichtung erkennbar, findet Brehmer. Das Institut besinne sich auf seine Kernkompetenz. „Wir halten das HWWI für einen wichtigen Standortfaktor, weil es keine andere Forschungseinrichtung gibt, die sich bezogen auf Hamburg mit angewandter Wirtschaftsforschung befasst“, sagt er.

Keine Strategie

Der Kammerrebell Bergmann sieht das anders. „Was im Augenblick völlig fehlt, ist eine wissenschaftliche Strategie für das HWWI“, kritisiert er. Es sei bezeichnend, dass die Universität aussteigen wolle und die Bundeswehr-Universität als möglicher neuer Partner bloß einen Professor an das HWWI entsenden würde.

Die Universität Hamburg sah sich zu keiner Stellungnahme in der Lage. Die Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr dagegen findet, das HWWI könnte sein Profil schärfen. „Wir haben Interesse daran, uns als wissenschaftlicher Partner einzubringen“, sagt Sprecher Dietmar Strey.

Die Bundeswehr-Uni habe viel Expertise in der Volkswirtschaftslehre und forschungsstarke Ökonomen. „Diese Expertise wird von Hamburg nicht abgerufen“, sagt Strey. Die Universität könnte sich bei einer positiven Entscheidung des Kammer-Plenums vorstellen, einen Professor für das HWWI abzustellen. Über einen Einstieg als Gesellschafter müssten allerdings das Verteidigungs- und das Finanzministerium entscheiden.

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