Ölembargo gegen den Iran: Das Kilo Äpfel für 4,20 Euro

Die Armen werden ärmer, der Mittelstand bewegt sich am Abgrund: Das Ölembargo der EU dürfte den Iran schwer treffen. Die Iraner kämpfen ohnehin mit steigenden Preisen.

Der Preis für Blattgemüse hat sich teilweise mehr als verdoppelt. Markstand auf der Insel Qeshm, Dezember 2011. Bild: dapd

BERLIN taz | Ab 1. Juli tritt das von der EU beschlossene Ölembargo gegen den Iran in Kraft. Der Beschluss soll „ohne Ausnahme“ umgesetzt werden, sagte ein Diplomat jüngst in Brüssel. Selbst Länder wie Griechenland, das 25 Prozent seines Ölbedarfs zu günstigen Preisen aus dem Iran bezieht, haben erklärt, dass sie sich daran halten werden.

Die EU bezog 2010 lediglich 5,7 Prozent ihres Ölbedarfs aus der Islamischen Republik. Das fehlende Öl soll nun aus anderen Ölstaaten des Nahen Ostens, vor allem aus Saudi-Arabien, ersetzt werden.

Der Iran exportiert zwar den Hauptteil seines Öls in die ostasiatischen Staaten wie China, Japan, Südkorea und Indien. Das Problem ist aber, dass gleichzeitig mit dem Boykott europäische Versicherungsunternehmen Öltanker, die das iranische Öl transportieren, nicht mehr versichern. So hat Südkorea am Dienstag erklärt, das Land werde seine Ölimporte aus dem Iran gänzlich einstellen. Denn es sei von europäischen Versicherern abhängig.

Das Ölembargo wird der iranischen Wirtschaft, die sich ohnehin in einer tiefen Krise befindet, einen weiteren Schlag versetzen. Laut jüngsten Statistiken haben sich die Preise für Grundnahrungsmittel innerhalb eines Jahres zum Teil mehr als verdoppelt. Während ein Kilo Blattgemüse im Juni vergangenen Jahres 592 Tuman (circa 0,40 Euro) kostete, liegt der Preis im laufenden Monat bei 1.448 Tuman. Der Preis für ein Kilo Gurken erhöhte sich im selben Zeitraum von 754 auf 1.456 Tuman, der für Bohnen von 2.706 auf 4.289 Tuman und der für Äpfel von 3.355 auf 6.979 Tuman (circa 4,20 Euro).

„Wir leben isoliert und einsam“

Im Iran sind die Armen noch ärmer geworden, und der Mittelstand befindet sich am Rand des Abgrunds. „Wir können uns nichts mehr leisten, obwohl mein Mann und ich voll arbeiten“, sagte eine Lehrerin, deren Mann staatlicher Angestellter ist. „Unser Lebensniveau ist stark gesunken, wir können nicht ausgehen, niemanden einladen und werden auch nicht eingeladen. Wir leben isoliert und einsam.“

Einige hochrangige Geistliche in der heiligen Stadt Ghom zeigten sich kürzlich in einem Schreiben an die Regierung „äußerst besorgt“ über die hohe Inflation. „Nachrichten und Berichte der letzten Monate zeugen von einer rapiden Teuerung, was zur landesweiten Unzufriedenheit in der Bevölkerung geführt hat“, erklärten die Würdenträger.

Die wirtschaftliche Katastrophe ist nicht nur Folge von Sanktionen, sondern auch der Misswirtschaft und Korruption. In den vergangenen zwei Jahren mussten zahlreiche Fabriken schließen, weil sie ihre Arbeiter nicht mehr bezahlen konnten.

Billigware aus Asien

Der iranische Markt ist heute überfüllt mit Billigwaren aus asiatischen Ländern. Laut offiziellen Angaben betrug allein der Wert des Gesamtimports aus China 2011 rund 45 Milliarden Dollar. Von Reißnägeln bis Grabsteinen, von Tomaten bis Orangen und Bohnen, alles stammt aus China. Dieser hohe Import schädigt die einheimische Landwirtschaft wie die Industrie.

Ein Grund für die hohe Importquote ist der Boykott iranischer Banken. Den Banken ist jeder legale Weg für Geldtransaktionen versperrt. Die Folge ist, dass die Abnehmerländer des iranischen Öls den Preis nur in eigener Währung zahlen können, mit denen Iran nur Waren des jeweiligen Landes kaufen kann.

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