Österreicher in der Türkei festgenommen: Journalist als „Geisel Erdoğans“

Der österreichische Student und Journalist Max Zirngast wurde in Ankara wegen „Terrorpropaganda“ verhaftet. Sein Anwalt ist hoffnungsvoll.

Portrait von Max Zirngast neben der Aufnahme seiner Festnahme

Max Zirngast und eine Aufnahme seiner Festnahme Foto: ANF News

In der Türkei wird man schnell zum Terroristen gestempelt. So zuletzt der Österreicher Max Zirngast, der Dienstag um 5 Uhr früh gemeinsam mit zwei türkischen Mitbewohnern in einer Wohnung in Ankara festgenommen wurde. Die türkischen Behörden werfen ihm „Terrorpropaganda“ vor und für einen „radikalen Ableger der Kommunistischen Partei“ in der Türkei gearbeitet zu haben.

Der Student der Politikwissenschaft an der Middle East Technical University in Ankara arbeitet als freier Mitarbeiter für das linke Online-Magazin re:volt und andere politisch einschlägige Publikationen wie auch die Junge Welt. Dabei hat er Sympathien für linke kurdische Bewegungen gezeigt. In einem Beitrag für das Buch „Kampf um Kobane“ hat er sich kritisch mit der Beziehung der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) mit der Türkei auseinandergesetzt.

Auf seiner Homepage stellt sich das re:volt-Magazin als antiimperialistische Kraft vor: „Der Faschismus und Autoritarismus werden wieder zur Herrschaftsoption für die Eliten weltweit. Trump, Erdoğan, Le Pen, Wilders, Putin, Orbán und andere stehen exemplarisch für diese autoritäre Fratze des kapitalistischen Systems“.

Und auch die folgende Analyse dürfte nicht nach Erdoğans Geschmack sein: „Noch nie seit über einem Jahrhundert waren die objektiven Bedingungen so reif wie heute für eine revolutionäre Überwindung der herrschenden Gesellschaftsordnung hin zu einer Gesellschaft, in der die Menschen nicht mehr geknechtete, ärmliche Wesen sind“.

Funktionäre geben sich gelassen

Für Fred Turnheim, Präsident des Österreichischen Journalisten Clubs (ÖJC), kommt die Festnahme nicht überraschend: „Dass nun auch ein österreichischer Journalist von Recep Tayyip Erdoğan und seinen Schergen verhaftet wurde, war zu erwarten, nachdem zahlreiche österreichische Politiker auf die Menschenrechtsverletzungen in der Türkei hingewiesen haben. Nun hat sich Recep Tayyip Erdoğan eine neue Geisel geholt“.

Österreichs Außenministerin Karin Kneissl gab sich gelassen: „Meinungs- und Pressefreiheit sind Grundrechte, Pfeiler der internationalen Ordnung“. Sie erwarte, „dass die türkischen Behörden umgehend Gründe für die Haft vorlegen oder ihn sofort freilassen“. Eine Belastung der Beziehungen zur Türkei sieht sie in der Causa nicht: „Konsularfälle haben wir in verschiedensten Ländern des Nahen Ostens.“

Zuversichtlich zu der Verhaftung Zirngasts und seiner beiden Mitbewohner äußerte sich auch Zirngasts Anwalt Murat Yilmaz im Ö1-Morgenjournal am Mittwoch. Es gebe „keinerlei Anzeichen, dass sie etwas Illegales getan haben“.

Spätestens am Freitag müssen die Festgenommenen einem Untersuchungsrichter vorgeführt werden. Nach türkischem Recht müssen die drei Männer dann entweder formal angeklagt oder auf freien Fuß gesetzt werden. Die Türkei solle darlegen, was dem Journalisten vorgeworfen werde. Wenn das nicht möglich sei, müsse eine „sofortige Freilassung“ erfolgen, sagte der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz am Mittwoch in Wien.

Seit dem Putschversuch im Juli 2016 sind in der Türkei zahlreiche ausländische Staatsbürger unter dem Vorwurf „Terrorverdacht“ festgenommen worden. Darunter auch ein 55-jähriger Deutscher, der laut deutschen Medien bereits im Juli 2017 zu neun Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden sein soll.

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