Olaf Scholz für neues Gasprojekt: Dreiste Irreführung

Mit seiner Behauptung, neue Gas- und Ölprojekte könnten die kurzfristig drohende Gasknappheit beheben, führt der Kanzler die Öffentlichkeit in die Irre.

Frachtschiff mit drei roten Gasbehältern am Hafen

Frachtschiff am LNG-Terminal in Rotterdam Foto: Mischa Keijser/imago

Um ohne russisches Gas auszukommen und gleichzeitig eine starke Wirtschaftskrise zu verhindern, braucht Deutschland kurzfristig mehr Gas aus anderen Ländern. Zwar dürfte der Gasverbrauch durch die hohen Preise deutlich sinken, doch im Winter kann die Lage trotzdem kritisch werden, wenn der Gasfluss aus Russland komplett versiegt. Zumindest einzelne, temporäre Flüssigerdgas-Terminals an der deutschen Küste und einzelne zusätzliche Pipelines sind dabei nach Ansicht vieler Ex­per­t*in­nen unverzichtbar.

Und auch für den Klimaschutz sind solche Projekte kein allzu großes Problem, solange sie kurzfristig und reversibel sind – etwa die schwimmenden LNG-Terminals, die für wenige Jahre gemietet werden, oder eine vorübergehende Steigerung der Fördermengen bestehender Gasfelder.

Völlig anders ist die Lage dagegen bei der Erschließung neuer Gasfelder: Gegen den kurzfristigen Gasmangel in Europa helfen sie wegen der mehrjährigen Vorlaufzeit nicht im Geringsten. Gleichzeitig stehen sie einer Lösung der Klimakrise diametral entgegen. Denn damit eine solche neue Gasquelle sich rentiert, muss sie jahrzehntelang genutzt werden – und das ist eben nicht möglich, wenn das Pariser Klimaabkommen ernst genommen wird.

Trotzdem setzt sich Bundeskanzler Olaf Scholz genau dafür ein: Damit sich Deutschland finanziell am Erschließen eines neuen Gasfeldes im Senegal beteiligen kann, will er beim G7-Gipfel in Elmau sogar die Zusage von der Klimakonferenz in Glasgow kippen, dass Industriestaaten kein Geld mehr für neue fossile Projekte zur Verfügung stellen.

Mit der Behauptung, dass neue Gas- und Ölprojekte einen Beitrag zur Lösung der aktuell drohenden Gasknappheit leisten könnten, führt der Kanzler die Öffentlichkeit dreist in die Irre – und setzt dabei die unselige SPD-Politik fort, neue Gaspipelines voranzutreiben. Wenn Scholz sich damit durchsetzt, wäre das ein fatales Signal für die internationale Klimapolitik und ein großer Schaden für die Glaubwürdigkeit der G7.

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Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

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