Olympia-Auftakt deutsches Volleyballteam: Der Gute-Laune-Trainer

Die deutschen Volleyballer waren eine Losertruppe, der alte Trainer ein Diktator. Gold wird es wohl nicht, aber mit dem neuen Softietrainer macht das Spielen Spaß.

Bundestrainer Vital Heynen Bild: dapd

„Das war zu hoch für uns.“ Bundestrainer Vital Heynen meinte das ganz wörtlich nach dem 0:3 gegen Russland im olympischen Auftaktspiel der deutschen Volleyballnationalmannschaft. „Die haben einen Mittelblocker, der ist 2,50 Meter groß, da kommst du nicht so einfach drüber.“

Nun, ganz so groß ist Russlands Mittelblocker Dimitrij Muserskij nicht. Dennoch taten sich die deutschen Volleyballer schwer den 2,18 Meter großen Mann am Netz zu überwinden. Es ist ein neues Gefühl für das Erfolgsteam, das Heynen aus den Spielern geformt hat, die unter seinem Vorgänger Raúl Lozano zur Losertruppe verkommen war. 0:3 haben sie lange nicht mehr verloren.

Eine irre Reise liegt hinter der Mannschaft, die sich als einziges deutsches Team für eine Hallenballsportsart hat qualifizieren können. Für Simon Tischer, den Zuspieler, ist es eine „unglaubliche Geschichte“. Nach dem beinahe schon peinlichen 15. Platz der mit etlichen im Ausland ordentlich verdienenden Profis bestückten Mannschaft bei der EM 2011 habe niemand mehr daran geglaubt, dass man zusammen nach London fahren würde.

Doch die Spieler haben sich zusammengesetzt, haben ihre Wünsche formuliert und sind damit zum Deutschen Volleyballverband gegangen. Lozano, der es nie geschafft hat die Spieler von seinen Ideen zu überzeugen, der das, wie sich Tischer erinnert, nicht einmal versucht hat, sondern einfach seinen Weg durchzudrücken versucht hat, konnten die Spieler einfach nicht mehr leiden.

Den Spielern entgegenkommen

Sie wollten einen Trainer, der auf die Spieler zugeht. Auch wenn sich der Verband zunächst schwer getan hat mit der Ablösung des argentinischen Diktators, am Ende ist er den Spielern entgegengekommen. Vital Heynen bekam den Job.

Die Gesichter der Spieler verklären sich, wenn sie auf den Trainerwechsel angesprochen werden. Immer noch lassen sie sich gerne von Heynen überraschen, der zum Aufwärmen jeden mobilen Gegenstand, der sich in der Halle finden lässt auf das Parkett holt. Vor dem Spiel gegen Russland haben sie sich zwischen Stühlen die auf dem Spielfeld verteilt waren vorbereitet. Es macht den jungen Männern Spaß so zu trainieren.

Spaß hatten sie auch im ersten Satz des Spiels gegen Russland. Außenangreifer und Gute-Laune-Bär Marcus Popp fand diesen irrsinnigen Auftaktsatz, den die Russen am Ende mit 31:29 gewonnen haben „echt geil“. Doch dann fiel den Deutschen nichts mehr ein. In den anderen Sätzen sind sie nicht einmal mehr auf 20 Punkte gewonnen. Sie konnten nicht mithalten.

Für Heynen ist die Niederlage gegen die irrsinnig konzentriert agierenden Russen keine Überraschung und doch könnte sie einen Wendepunkt markieren. Bis zu den Spielen schien alles immer besser zu werden im deutschen Volleyball.

Der Teampsychologe muss eingreifen

Der sensationelle fünfte Platz im Weltligafinale im Juni war dabei der absolute vorolympische Höhepunkt. „Jetzt stößt die Mannschaft an ihre Grenzen“, sagte Heynen am Sonntag und: „Jetzt wird es interessant, wie die Mannschaft darauf reagiert. Was macht ein Sportler, wenn er sieht, dass es nicht immer weiter besser wird.“

Hier muss vielleicht auch Teampsychologe Wolfgang Klöckner eingreifen. Einen solchen Mentalcoach hatte Lozano für überflüssig gehalten. Die Mannschaft dagegen ist heilfroh, dass sie endlich wieder jemanden hat, der die Kommunikationsprozesse in der Mannschaft analysiert. Der wird vor allem mit dem arg brachial agierenden Georg Grozser arbeiten müssen, der nach dem Russland-Spiel sauer darüber war, dass er so früh ausgewechselt worden ist.

Er könnte einer jener sein, der an seine Grenzen gestoßen ist, der nicht mehr weiterkommt so wie die anderen im Team, die in diesem Jahr bislang immer ihr bestes gegeben haben.

Heute (17:45 Uhr) spielen die Deutschen gegen die USA, die Europameister Serbien beim 3:0-Sieg regelrecht zerlegt haben. Gegen diese Mannschaft einen Sieg zu erwarten, das fällt Heynen nicht ein. In der deutschen Gruppe sind die Deutschen nur gegen Tunesien favorisiert, gegen Serbien räumen sie sich Chancen ein, gegen die USA hoffen sie auf einen schlechten Tag des Gegners, so wie sie es vor dem Spiel gegen Russland vergeblich getan haben.

Es gilt sich zu konzentrieren. Schwer sei das, meinte Heynen, bei all den Ablenkungen, die das olympische London bietet. Nimmt er die Spieler deshalb an die Kandarre? „Nein, das machen die Spieler selbst. Ich gebe nur im Training die Anweisungen.“ Kein Wunder, dass der Mann so beliebt ist im Team.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.