Olympia in Hamburg: Die Spiele-Verderber

Die Hamburger Bewegung (N)Olympia stellt 13 kritische Fragen an den Senat, den Hamburger Sportbund und den Deutschen Olympischen Sportbund.

Bei den Cyclassics in Hamburg wurde unter dem Deckmantel des Sports für die Kommerzialisierung Olympias gestrampelt. Bild: dpa

HAMBURG taz | Einen Katalog von 13 kritischen Fragen zu Olympischen Sommerspielen hat das Hamburger Bündnis (N)Olympia an den Hamburger Senat, den Hamburger Sportbund (HSB) und den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) gesendet. Die Schreiben sollen am heutigen Freitag bei den Adressaten eingehen. „Mit diesen Fragen wollen wir uns einmischen“, heißt es in dem Vorwort zum Fragenkatalog, der der taz bereits vorliegt.

Eine Bewerbung Hamburgs für Olympische Sommerspiele 2024 oder 2028 sei ohne eine Reform des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) „nicht denkbar“, schreibt das Bündnis. Es sieht die Häufung sportlicher Großveranstaltungen in der Stadt wie auch die Cyclassics vor einer Woche kritisch, wenn dies unter dem Deckmantel des Sports vorwiegend wirtschaftlichen Interessen dient. „Das IOC kommerzialisiert die Olympische Idee“, sagt (N)Olympia. Das Bündnis besteht aus Aktivisten der Recht-auf-Stadt-Bewegung, mehreren Umweltverbänden, einigen Kultureinrichtungen und linken Gruppen, der Linkspartei, vielen Grünen und Sozialdemokraten sowie den „rebellischen Unternehmern“, der Opposition in der Handelskammer.

Die Fragenkomplexe von (N)Olympia beziehen sich auf die Reformfähigkeit des IOC, die Transparenz der Verträge und die Möglichkeit einer Ausstiegsklausel. Im nächsten Jahr sollen die HamburgerInnen in einem Referendum über Olympia abstimmen, falls die Hansestadt der deutsche Kandidat werden solle (siehe Kasten). (N)Olympia weist darauf hin, dass die Verträge mit dem IOC erst danach ausgehandelt würden. Deshalb müsste „eine Notbremse“ eingebaut werden, falls das IOC auf inakzeptablen Klauseln in Knebelverträgen bestehen sollte.

Der Zeitplan für eine deutsche Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2024 oder 2028: 31. August: Hamburg und Berlin reichen beim DOSB ihre Antworten auf den Fragenkatalog ein. 6. Dezember: Die DOSB-Mitgliederversammlung befindet über die deutsche Kandidatur. Mai 2015: Volksabstimmung über Olympia in Hamburg (sofern Hamburg Kandidat ist). Herbst 2015: Der DOSB muss seine Bewerberstadt beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) melden. Dieses entscheidet im Frühjahr 2016.

Als besonders kritische Punkte sieht (N)Olympia die mögliche Privatisierung der olympischen Flächen, die unter IOC-Herrschaft quasi zur Exklave gemacht werden könnten, und den Umfang von Sicherheitsmaßnahmen. Nach den Erfahrungen in Hamburg mit Gefahrengebieten zu Jahresbeginn müsse die mögliche Einschränkung von Bürgerrechten besonders kritisch gesehen werden. Bei den Olympischen Spielen 2012 in London seien rund 40.000 Sicherheitskräfte im Einsatz gewesen, die Kosten dafür hätten etwa 1,3 Milliarden Euro betragen.

Bis Sonntag müssen die beiden deutschen Kandidaten Hamburg und Berlin ihre Bewerbungen beim DOSB einreichen, am Montag sollen sie veröffentlicht werden. Bekannt wurde bereits, dass Hamburg sich als olympisches Zentrum im Norden präsentieren will. Neu errichtet würden nach dem jetzigen Konzept Olympiastadion, Schwimmhalle, Turnhalle, Olympisches Dorf und Medienzentrum auf der Elbinsel Kleiner Grasbrook gegenüber der Hafencity. Dorf und Medienzentrum sollen nach Olympia in mehr als 3.000 Wohnungen umgewandelt werden.

In großem Maßstab sollen bereits vorhandene Sportstätten in der Region genutzt werden. Die Fußball-Turniere der Männer und Frauen sollen auch in den Stadien von Bremen, Hannover, Wolfsburg und Rostock ausgetragen werden, für Ballsportarten sind die großen Hallen in Bremen, Hannover, Kiel und Flensburg im Gespräch, gesegelt würde auf der Ostsee vor Kiel oder Lübeck-Travemünde. Die Unterstützung der Landesregierungen in Bremen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sowie der möglichen Spielorte hat Hamburg sich bereits gesichert.

Nach einer Meinungsumfrage aus dem Juni befürworten 73 Prozent der HamburgerInnen Olympische Spiele in der Hansestadt. Etwa genauso viele aber verlangen Transparenz bei den Kosten und eine nachhaltige Nutzung der Sportstätten nach den Spielen. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat neue Schulden für die Spiele ausgeschlossen. Zwei Drittel der Kosten von geschätzten drei Milliarden Euro müsse der Bund übernehmen, den Rest könnte Hamburg in Raten über ein Jahrzehnt strecken.

Und bei der ebenfalls von (N)Olympia geforderten Reform des IOC, die der neue deutsche IOC-Präsident Thomas Bach im Dezember in Monte Carlo erreichen will, ist auch im Hamburger Sportbund die Zielvorstellung klar. Den Menschen müsse die Angst genommen werden, heißt es da, „dass bei Olympischen Spielen die Sponsoren über der Stadt kreisen wie die Aasgeier“.

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