Opfer von Israels Brandbomben stirbt: "Das Feuer fraß sich in meinen Körper"

Sie starb durch eine der grausamsten aller Waffen. Das Schicksal der Palästinenserin Ghada Riad Guha soll nun helfen, Kriegsverbrechen der israelischen Armee aufzudecken.

Der tödliche Feuerregen ging über einem Wohngebiet zu Boden. Bild: dpa

Ihr vom Phosphor verbrannter Körper hat es doch nicht geschafft. Seit dem 4. Januar, als mehrere israelische Phosphorgranaten in ihr Haus in Beit Lahia im Gazastreifen einschlugen, hatte Ghada Riad Guha mit ihrem zu 40 Prozent verbrannten Körper ums Überleben gekämpft. Nicht zuletzt auch ihrer zweijährigen Tochter Farah zuliebe, die ebenfalls zu 45 Prozent verbrannt mit ihr im Militärkrankenhaus Helmijet al-Zaitun in Kairo lag.

Nun ist die 20-jährige Palästinenserin drei Monate nach dem Gazakrieg ihren Verbrennungen erlegen. Auch nach mehreren Operationen war ihr Körper noch von Kopf bis Fuß verbunden. Darunter, sagten die Ärzte, waren einige Stellen, vor allem am Arm und am Ellbogen, an denen die Knochen freilagen. Die kleinste Bewegung bereitete ihr Schmerzen. Auf seinem Laptop zeigte ein ägyptischer Arzt Bilder, die bei Ghadas Ankunft gemacht wurden. Wer sie sieht, der kann sie nicht beschreiben, aber auch nie wieder vergessen. "Warum ausgerechnet wir? Wir sind Bauern, die einfach nur Erdbeeren pflanzen", hatte sie mit schwacher und gebrochener Stimme im Krankenhaus einen Monat vor ihrem Tod gefragt. Früher, vor der Wirtschaftsblockade, hätten sie die Erdbeeren nach Israel exportiert.

Ihr Ehemann Muhammad Abu Halimeh, der damals relativ gefasst neben Ghadas Krankenbett saß, erinnerte sich an die Worte des Fotografen, als er mit seiner Braut fürs Hochzeitsfoto posierte. "Deine Braut ist so schön, ihr werdet sicher schöne Kinder haben." Das unversehrte Gesicht hinter den Verbänden ließ erahnen, dass Ghada einst eine schöne Frau war.

Ein Vermächtnis hat sie bereits hinterlassen: Ihre Geschichte taucht in mehreren Berichten auf, die versuchen, der israelischen Armee in Gaza Kriegsverbrechen nachzuweisen. Die israelischen Ärzte für Menschenrechte (Physicians for Human Rights Israel) sowie die internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, beschreiben den unglaublichen Fall. Ghada saß mit ihrer 18-köpfige Familie gerade beim Essen, als mehrere Phosphorgranaten in ihrem Haus einschlugen. Fünf Familienmitglieder starben. Ghada selbst hatte Pech. Kurz vor dem Angriff war sie von einem, wie sich später herausstellte, "sicheren Ort" aufgestanden, um ihre Tochter Farah in einem anderen Raum zu wickeln, erzählte Muhammad. Ihre Fürsorge wurde ihr zum Verhängnis, als genau dort eine weitere Phosphorgranate einschlug. "Meine ganze Kleidung verbrannte, und das Feuer fraß sich in meinen Körper", erinnerte sich Ghada an diesen Moment.

Als das Feuer aufhörte, versuchte die Familie ihre Toten und Verletzten abzutransportieren. Was folgte, hat die israelische Ärztegruppe durch Zeugenaussagen dokumentiert: Die beiden Fahrer, zwei junge Männer der Halimeh-Familie, wurden von israelischen Soldaten erschossen. "Sie waren gerade einmal 17 Jahre alt, sie wollten mich lediglich retten." Ghada hatte vor ihrem Tod sichtlich damit zu kämpfen, dass andere für sie gestorben waren.

Die Soldaten zwangen Muhammad und Ghada, sich oben freizumachen, wohl aus Angst, sie könnten Sprengstoffgürtel tragen. Aber als sie Ghadas verbrannten Körper sahen, ließen sie sie zu Fuß weiterziehen. Muhammad stütze Ghada und trug Farah, als die Soldaten auf ihre Füße zielten, damit sie schneller gingen. Nach ein paar hundert Metern fanden sie einen Kleinlastwagen, der sie schließlich ins Schifa-Krankenhaus nach Gaza fuhr. Von dort wurden Ghada und Farah wenige Tage darauf nach Ägypten transportiert. Beim ersten Versuch zur ägyptischen Grenze nach Rafah zu gelangen, musste der palästinensische Krankenwagen allerdings noch einmal umdrehen, weil er unter Beschuss geriet.

Der Versuch, die beiden von Ägypten in eine deutsche Spezialklinik für Brandverletzungen zu schicken, scheiterte dann an der ägyptischen Militärbürokratie. Die deutschen Ärzte wollten den behandelnden Arzt in Kairo sprechen, um sich ein Bild von dem medizinischen Fall zu machen. Ohne offizielle Erlaubnis, durfte der ägyptische Militärarzt allerdings nicht mit den ausländischen Ärzten Kontakt aufnehmen. Nach mehreren Anfragen wurde die Erlaubnis schließlich erteilt. Da war Ghada allerdings schon tot.

Israelische Phosphorgranaten, ihr verbranntes Kind und die ägyptische Bürokratie - am Ende hat Ghada doch aufgegeben. Inzwischen wurde sie von ihrem Mann Muhammad wieder in den Gazastreifen zurückgebracht und dort begraben.

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