Opposition in Aserbaidschan: Willkür gegen Menschenrechtlerin

Das jüngste Opfer des autoritären Regimes von Präsident Ilham Alijew ist die prominente und bekannte Leila Junus. Ihr Mann erlitt einen Herzinfarkt.

Festgenommen: Die aserbaidschanische Menschenrechtsaktivistin Leila Junus. Bild: Meydan TV

BERLIN taz | Leila Junus, eine der bekanntesten aserbaidschanischen Menschenrechtlerinnen, und ihr Mann Arif Junus sind am Montagabend auf dem Flughafen der Hauptstadt Baku verhaftet worden. Die beiden waren beim Einchecken für einen Flug nach Doha zunächst von Sicherheitskräften gestoppt worden. Diese teilten ihnen mit, dass sie Aserbaidschan nicht verlassen dürften. Nach der Intervention mehrerer westlicher Diplomaten durften die beiden an Bord gehen, wo sie kurz darauf festgenommen wurden. Ihre persönliche Habe wurde beschlagnahmt.

Noch in derselben Nacht durchsuchten Polizisten sowohl Junis’ Wohnung als auch ihr Büro. Während dieser Aktion, für die offiziell keine Gründe angegeben wurden, erlitt Arif Junus einen Herzanfall und musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. Leila Junus wurde am Dienstagnachmittag von der Staatsanwaltschaft verhört.

Die heute 58-Jährige engagierte sich bereits zu Sowjetzeiten für Menschenrechte in Aserbaidschan. 1988 war sie Mitbegründerin der „Nationalen Bewegung für Unabhängigkeit, der Volksfront von Aserbaidschan“, die sich für die Unabhängigkeit der Kaukasusrepublik einsetzte. Von 1991, dem Jahr des Zusammenbruchs der Sowjetunion, bis 1995 war sie Vorsitzende der Unabhängigen Demokratischen Partei Aserbaidschans. Während des Krieges zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Region Berg-Karabach (1992 bis 1994) versuchte Leila Junus zwischen den beiden Staaten zu vermitteln.

1994 gründete sie in Baku das Institut für Frieden und Demokratie (IPD), das sie bis heute leitet. Neben der Aussöhnung mit Armenien engagiert sich das Institut für Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt oder von Menschenhandel geworden sind, sowie für die Rechte politischer Gefangener. Derzeit sitzen rund 100 Personen aus politischen Gründen in Aserbaidschan hinter Gitter.

Büro mit Bulldozern platt gemacht

2011 wurde das Büro des Instituts in Baku auf Anordnung der Behörden von Bulldozern niedergewalzt. Dabei wurde das gesamte Archiv zerstört. Noch einige Monate zuvor hatte ein Gericht den Abriss untersagt.

Die Repressionen gegen das Ehepaar Junus sind kein Einzelfall. Im Gegenteil. Bereits seit mehreren Monaten geht das Regime unter Präsident Ilham Alijew, der das Land seit 2003 autoritär regiert, wieder verstärkt gegen Oppositionelle vor. Im vergangenen Jahr wurden sieben Aktivisten der Jugendorganisation Nida (Ausrufezeichen) festgenommen. Sie hatten eine friedliche Demonstration mit organisiert, die von der Polizei gewaltsam aufgelöst wurde. Seit 13 Tagen sind die Aktivisten nun bereits im Hungerstreik. Im Falle einer Verurteilung drohen ihnen möglicherweise bis zu achteinhalb Jahren Haft.

In der vergangenen Woche wurde der regimekritische aserbaidschanische Journalist Rauf Mirkadyrow, der für die russischsprachige Tageszeitung Zerkalo die letzten drei Jahre als Korrespondent in der Türkei gearbeitet hatte, festgenommen. Mirkadyrow, der sich ebenfalls für einen Dialog zwischen Armenien und Aserbaidschan einsetzt, wird der Spionage und des Hochverrats beschuldigt. Das bedeutet eine lebenslange Haftstrafe.

„Aserbaidschan entwickelt sich immer mehr zu einem totalitären Staat“, sagt Emin Milli, Direktor des unabhängigen aserbaidschanischen Fernsehsenders Meydan TV mit Sitz in Berlin. Diese Situation sei umso absurder, als Aserbaidschan ab dem 14. Mai den Vorsitz des Europarats übernehme. „Aserbaidschans Weg passt zu den autoritären Entwicklungen in der Region, wie auch das Beispiel Russland zeigt“, sagt Milli. „Der Westen jedoch hat die Gefahr, die davon ausgeht, offenbar noch nicht erkannt.“

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