Opposition in Aserbaidschan: Folter für unabhängige Journalisten

Kritische Medienmacher sind in dem Land seit Monaten Repressionen ausgesetzt. Linientreue Berichterstatter werden belohnt.

Der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew

Schräg drauf: Ilham Alijew Foto: imago/Photothek

BERLIN taz | Drei Jahre und drei Monate Haft: So lautet das Urteil gegen den aserbaidschanischen Oppositionellen Faiq Amirli. Ein Gericht in der Hauptstadt Baku befand ihn am Montag für schuldig, mit seinen Aktivitäten religiösen Hass geschürt, die nationale Würde sowie die Rechte anderer Bürger aus religiösen Motiven verletzt zu haben. Überdies wurde ihm Steuerhinterziehung zur Last gelegt.

Amirli, der auch Geschäftsführer der oppositionellen Zeitung Azadliq ist, war am 20. August vergangenen Jahres festgenommen worden. Angeblich hatte die Polizei bei einer Kontrolle in Amirlis Auto Bücher des islamischen Geistlichen Fetullah Gülen gefunden. Gülen, dessen Bewegung in der Türkei als Terrororganisation (FETÖ) gelistet ist, wird von Ankara beschuldigt, für den Putschversuch im Juli 2016 verantwortlich zu sein.

Die Anwälte Amirlis, der gesundheitlich stark angeschlagen ist und nicht ausreichend medizinisch versorgt wird, bezeichneten das Urteil als „absurd“. Sie kündigten Berufung an. Johann Bihr, Chef der Sektion für Osteuropa und Zentralasien bei Reporter ohne Grenzen (ROG) sagte: „Indem die aserbaidschanischen Behörden sich die Jagd auf Gülenisten des türkischen Präsidenten Tayyip Erdogan als Leitmotiv zu eigen machen, haben sie einen guten Vorwand gefunden, um massiv gegen ihre Kritiker vorzugehen.“

In der Tat sind der seit 2003 regierende aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew und sein korrupter Klan im Umgang mit ihren Gegnern nicht zimperlich. Dabei waren im Frühjahr 2016 noch mehrere politische Gefangene freigekommen. Das hatte Hoffnungen genährt, dass sich das autoritäre Regime zumindest ein wenig öffnen würde.

Drogen unterschieben

Ein Trugschluss, wie sich jetzt zeigt. Besonders Journalisten sind in den vergangenen Monaten wieder einmal verstärkt Repressalien ausgesetzt. Dabei ist es eine gängige Methode, unbequemen Medienmachern Drogen unterzuschieben.

So wurde unlängst der russisch-israelische Blogger Alexander Lapschin, den Weißrussland an Aserbaidschan ausgeliefert hatte, zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt.

Angeblich soll er illegal nach Bergkarabach gereist sein und sich dort für die Unabhängigkeit der zwischen Aserbaidschan und Armenien umstrittenen Enklave ausgesprochen haben.

Im vergangenen Mai wurde der aserbaidschanische Investigativreporter Afgan Mukhtarli, der 2014 in Georgien Zuflucht gesucht hatte, unter bislang ungeklärten Umständen zur Mittagszeit in Tiflis gekidnappt und nach Baku verschleppt. Derzeit sitzt er dort in Haft. Mukhtarli wird des Schmuggels und illegalen Grenzübertritts beschuldigt.

Zwei Jahre Berufsverbot

Am 14. Juni 2016 wurde der Leiter des Zentrum für investigativen Journalismus (JAM) und Betreiber der Webseite Jam.az, Fikret Faramazoglu, wegen Erpressung zu sieben Jahren Haft plus einem anschließenden zweijährigen Berufsverbot verurteilt.

Kurz vor seiner Festnahme hatte er auf seiner Seite berichtet, dass die Polizei bei Fällen illegaler Prostitution nicht eingeschritten sei. Laut Angaben seiner Frau und seines Anwalts sei Faramazoglu in der Haft gefoltert worden.

Folter sei für unabhängige Journalisten in Aserbaidschan zur Norm geworden. Dieses sei bezeichnend für den Wunsch der Regierung, Kritikern den ultimativen Schlag zu versetzen, heißt es in einem Bericht von ROG.

Immerhin: Es geht in Aserbaidschan gar nicht allen Journalisten schlecht. Diejenigen, die „patriotisch“ und linientreu berichten, kommen, so das Internetportal eurasianet, in den Genuss einer von 255 von der Regierung bereitgestellten Wohnungen. Natürlich mit schnellem Internetzugang.

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