Oppositionspolitiker aus Ruanda: „Die Jugend muss zusammenleben“

Der ruandische Hutu-Exilpolitiker Twagiramungu kehrt ins Land zurück und will dort eine neue Partei gründen: „Es gibt auch junge Ruander, die keinen Genozid predigen“.

Ruandische Flüchtlinge in Tansania – 1994. Bild: ap

taz: Herr Twagiramungu, Sie wollen heute aus dem belgischen Exil nach Ruanda zurückkehren. In welcher Funktion? Als heimkehrender Flüchtling?

Faustin Twagiramungu: Ich habe die letzten 18 Jahre nicht in Ruanda gelebt. Ich bin Exilpolitiker, lebe in Belgien, und ich habe beschlossen, jetzt in Ruanda Politik zu machen, weil sich dort die Ruander befinden.

Reisen Sie auf ruandischem Pass?

Ich habe einen ruandischen und einen belgischen Pass. Ich bin Kosmopolit geworden.

Was wollen Sie denn in Ruanda tun?

Zum einen bin ich Ruander, niemand verbietet mit die Rückkehr. Und ich bin Politiker, ich denke, ich habe noch die Kraft, mein Recht auf Meinungsäußerung wahrzunehmen.

Geboren 1945 in Cyangugu im Südwesten Ruandas, war Faustin Twagiramungu der erste Premierminister Ruandas nach dem Völkermord 1994, als die Tutsi-Rebellenbewegung RPF (Ruandische Patriotische Front) das für den Genozid an über 800.000 Tutsi verantwortliche Hutu-Regime stürzte.

Vor dem Völkermord hatte Twagiramungu die Hutu-Oppositionspartei MDR (Republikanische Demokratische Bewegung) geführt. In dieser Funktion war er als Premierminister einer Regierung der Nationalen Einheit vorgesehen gewesen, deren Zustandekommen der Völkermord verhinderte.

Nach dem Völkermord wurde er doch Premier, zerstritt sich aber mit der RPF, trat 1995 zurück und ging ins Exil. 2003 trat er bei Ruandas erster Präsidentschaftswahl gegen Präsident Paul Kagame an und scheiterte mit nur 3 Prozent. Inzwischen hat Twagiramungu eine neue Partei gegründet, „Rwanda Rwiza“ (Rwanda Dream Initiative, RDI), die er jetzt in Ruanda legalisieren lassen will.

Wird man Ihnen das erlauben? Andere Oppositionelle aus dem Exil wie Victoire Ingabire wurden festgenommen.

Wir werden erst einmal unsere Partei „Rwanda Dream Initiative“ anmelden, und ich denke, dass dies im Rahmen der ruandischen Parteiengesetzes möglich ist. Wenn sie zugelassen wird, werden wir politisch aktiv. Wenn nicht, treffen wir andere Entscheidungen. Wir wollen aber nicht den Rahmen des Parteiengesetzes verlassen. Wir können nicht politisch tätig werden, wenn das Land das nicht will.

Was ist Ihr Programm?

Ganz einfach. Es gibt zu verteidigende demokratische Werte und Grundsätze. Freiheit ist universell. Jeder möchte die Freiheit, seine Rechte auszuüben. Und wir müssen in Ruanda den Wert der Wahrheit verteidigen. Die Wahrheit über unsere Geschichte, über unsere dramatischen Momente und auch die schönen. Drittens müssen wir vor allem die Jugend ausbilden, zusammenzuleben und nicht getrennt nach Ideen, Ethnien, Stämmen oder Rasse.

2017 gibt es eine Präsidentschaftswahl. Treten Sie an?

Ich bin ruandischer Bürger. Niemand kann mich an einer Kandidatur hindern, wenn ich das will. Aber heute kann nicht sagen, ob ich Kandidat sein werde. Erst einmal geht es mir um die Versöhnung des ruandischen Volkes, die Verteidigung der Freiheit und der demokratischen Werte und vor allem, nicht unehrlich zu sein.

Sie sagen Versöhnung. Tansanias Präsident Kikwete hat Ruandas Regierung zum Dialog mit der bewaffneten Opposition aufgefordert. Sie haben diesen Appell begrüßt. Aber kann man mit bewaffneten Gegnern wie der FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) im Kongo reden, die den Genozid predigen?

Ich glaube nicht, dass diejenigen, die Genozid predigen, nach Ruanda zurückwollen. Was wäre das für eine Rückkehr? Ein Triumphzug oder ein Gang ins Gefängnis? Wenn sie ins Gefängnis wollen, sollen sie kommen. Aber ich glaube, es gibt im Kongo auch junge Ruander, die nach Hause wollen, die keinen Genozid predigen, die den Genozid nicht einmal kannten. Es sind Kinder, die 1994 oder später geboren wurden, oder 1989 oder 1990. Dass diese Leute einen neuen Völkermord verüben wollen, halte ich für eine Lüge.

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