Otto Rehhagel auf Schalke im Gespräch: Das große Aufatmen

Schalke 04 erreicht das Champions-League-Viertelfinale. Felix Magath soll dennoch möglichst schnell entlassen werden, als Nachfolger wird Otto Rehhagel gehandelt.

Otto Rehhagel in Blau-Weiß – hier aber im Dress des griechischen Nationaltrainers. Bild: dpa

GELSENKIRCHEN taz | Wäre Felix Magath ein Mann mit einem feineren Gespür für die Ironie der Geschichte, dann hätte er sich nach dem 3:1-Erfolg von Schalke 04 gegen den FC Valencia auf eine Ehrenrunde begeben. So wie es einst Ralf Rangnick als Trainer der Schalker unmittelbar vor seiner Entlassung tat.

Das Publikum hätte Magath nach der dramatischen Schlussphase und Jefferson Farfans befreiendem Tor zum 3:1 ähnlich frenetisch zugejubelt wie einst Rangnick, denn die Arena war eingetaucht in einen süßen Champions-League-Rausch. Er hätte ein beeindruckendes Statement gegen den Schalker Aufsichtsrat inszenieren können, doch Magath hat wenig übrig für solche kleinen historischen Anspielungen, und für große Gefühle ist er sowieso nicht zu haben. "Ich musste ja rein und Interviews geben", erwiderte Magath auf die Frage, warum er sich diese Replik auf seine bevorstehende Entlassung entgehen ließ.

Die Herren, die über Magaths Schicksal entscheiden, hätte er ohnehin nicht mehr von ihrem Entschluss abbringen können. Nach Informationen der Bild-Zeitung gab es schon am Dienstagabend ein "Geheimtreffen" des Aufsichtsrats in Rheda-Wiedenbrück, dort residiert Clemens Tönnies, der Chef des Gremiums. Angeblich votierte die Herrenrunde einstimmig für eine Trennung von Magath.

FC Schalke 04 - FC Valencia 3:1 (1:1)

UEFA-Statistik zum Spiel

FC Schalke 04: Neuer - Uchida, Höwedes, Metzelder, Escudero - Matip (60. Papadopoulos), Kluge (81. Sarpei) - Farfán, Jurado (76. Draxler) - Raúl, Gavranovic

FC Valencia: Guaita - Saltor, Navarro, Ricardo Costa, Mathieu - Topal, Ever (71. Tino Costa) - Joaquín, Mata, Pablo Hernández (64. Soldado) - Aduriz (74. Jonas)

Schiedsrichter: Eriksson (Schweden) - Zuschauer: 53 517

Tore: 0:1 Ricardo Costa (17.), 1:1 Farfán (40.), 2:1 Gavranovic (52.), 3:1 Farfán (90.+4)

Gelbe Karten: Escudero, Farfán, Kluge / Mathieu

Beste Spieler: Kluge, Farfán / Mathieu, Joaquín

Tönnies: "Wir müssen die Reißleine ziehen"

Gegenüber dem Sportmagazin Kicker erklärte Tönnies: "Wir müssen die Reißleine ziehen. Völlig unabhängig von der Champions League. Im ganzen Verein brennt es lichterloh." Der Aufsichtsratschef beklagt einen "unmenschlichen Umgang", den Magath und sein Stab zu verantworten hätten. Es ist schon viel passiert in der turbulenten Geschichte von Schalke 04, doch derart gespalten wie jetzt war der Klub gewiss noch nie.

Die Satzung des Klubs sieht nun vor, dass Magath als Vorstandsmitglied über eine bevorstehende Entlassung informiert werden muss, um dann drei Tage nach dieser Ankündigung vor den Aufsichtsrat angehört zu werden. Am Montag könnte es so weit sein, Magaths Vorgänger Andreas Müller und Rudi Assauer verzichteten allerdings auf diese Gelegenheit zur Aussprache und ließen sich sofort beurlauben.

Doch das große Aufatmen naht. Zuletzt soll sich sogar Kapitän Manuel Neuer gegenüber dem Aufsichtsrat für eine Trennung ausgesprochen haben. "Ich bin nicht der passende Ansprechpartner, um das zu bestimmen", sagte der Nationaltorhüter nach dem Sieg über Valencia, verteidigende Worte für Magath waren aber von keinem der Spieler zu hören.

"Dieses Spiel hat gezeigt, dass wir einen erfahrenen Trainer gebrauchen können", erklärte Neuer lediglich, und selbst diese Aussage war wohl erst in zweiter Linie ein letzter Dank an den scheidenden Trainer. Wahrscheinlich spielte der Torhüter schon auf Otto Rehhagel an, dem der Aufsichtsrat die Mannschaft bis zum Saisonende anvertrauen möchte, bevor dann ein junger Trainer übernimmt.

Auf den ersten Blick mag es abwegig erscheinen, einen 72-Jährigen Rentner mit der Mission Klassenerhalt zu betrauen, aber Interimslösungen sind nie makellos. Rehhagel pflegt eine herzliche Nähe zu den Spielern, das könnte befreiend wirken, außerdem ist er ein Kind des Ruhrgebiets und ein Trainerfuchs, der bestens zu Magaths Hinterlassenschaft passt.

Drei Bundesligasiege wird Rehagel schon einspielen

Der gebürtige Essener arbeitet nicht konzeptionell, aber er hat ein feines Auge für vorhandene Spieler und teilt Magaths Leidenschaft für Personalentscheidungen, die niemand erwartet. Die drei Bundesligasiege zum Klassenerhalt würde Rehhagel schon irgendwie einspielen, das DFB-Pokalfinale könnte zum krönenden Abschluss einer großen Trainerkarriere werden.

Mit Werder Bremen gewann Rehhagel den Europapokal, mit Kaiserslautern wurde er als Aufsteiger Meister und mit Griechenland gewann er den Titel des Europameisters. In dieser Reihe wäre ein Schalker Champions-League-Triumph noch nicht einmal das größte Wunder. In jedem Fall werde das Viertelfinale "ein Fest", sagte Stürmer Raúl, der wieder einmal viel gearbeitet hatte und erstmals nach sechs Jahren unter den besten acht Teams Europas steht. Ein Plädoyer für Magath wollte auch der Liebling des alten Trainers nicht halten.

Die Debatte komme zum falschen Zeitpunkt, sagte Raúl lediglich. Nur Felix Magath tat so, als sei gar nichts passiert. "Es geht um Schalke, ich arbeite für Schalke, und das werde ich auch weiterhin tun", sagte er. Zur Vollendung des Schalker Wahnsinns hätte nur noch die Ehrenrunde gefehlt.

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