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Ozonloch wird kleinerGlück und Verstand

Bernhard Pötter
Kommentar von Bernhard Pötter

Wenn es beim Ozon so gut klappt, sollte es mit der Erderwärmung doch auch gehen. Nur, ganz so einfach ist es leider nicht.

Wir könnten unsere Umwelt retten – das lehrt uns das „Ozonloch“ Foto: Manngold/imago

E s klingt wie eine große Erfolgsgeschichte, und das ist es auch: Das sogenannte Ozonloch schließt sich langsam, aber sicher. Die Schutzfunktion der Atmosphäre gegen aggressive Sonnenstrahlung vor allem über dem Südpazifik erholt sich, die Gefahr für Menschen, Tiere und Pflanzen sinkt. Mit dem Montrealer Protokoll, das 1987 den Schutz der Ozonschicht festlegte, hatte die Menschheit mehr Glück als Verstand: Denn der Verlust der Ozonschicht wurde mehr oder weniger zufällig entdeckt.

Seine Entdecker galten als Freaks und ein weltweites Abkommen praktisch als aussichtslos: Es gab noch keinen Ersatz für die zerstörerischen FCKW-Chemikalien, als das Protokoll beschlossen wurde, das auch noch die Erderhitzung um wichtige Jahre verzögerte. Aber das internationale Umweltabkommen ist leider keine einfache Blaupause für effizienten globalen Klimaschutz:

Anders als damals sind es heute nicht nur ein paar Industriebetriebe, die den Schadstoff ausstoßen, sondern alle Volkswirtschaften nutzen fossile Energie. Anders als beim FCKW gibt es keine einfachen Ersatzlösungen für fossile Brennstoffe. Anders als damals befeuert heute vor allem die Aufholjagd zu Wohlstand im globalen Süden die Krise. Und anders als damals sind die USA keine technisch führende und rational kapitalistisch denkende Supermacht mehr, sondern in der Hand von wissenschaftsfeindlichen Fossil-Ideologen.

Trotzdem lassen sich aus der Lösung für das Ozonloch doch Lehren ziehen: Der moderne Mensch kann diesen Planeten unbewohnbar machen. Wir verfügen aber andererseits über die technischen Möglichkeiten, das Geld und das Wissen, um auch die Klimakrise zu begrenzen. Was es dafür braucht, ist der Wille dazu – nicht einmal global, die G20-Staaten würden ausreichen. Wenn sie politisch gezwungen würden, Wohlstand national und international fairer zu verteilen, könnten kurzsichtige Lobby-Interessen überwunden werden.

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Alles ist machbar, das lehrt uns das „Ozonloch“. Was wir dazu brauchen, ist allerdings mehr Verstand als Glück.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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