Pakistanischer Gouverneur erschossen: Tod auf dem Basar

Der Gouverneur der pakistanischen Provinz Punjab ist von Leibwächtern erschossen worden. Hintergrund könnte ein umstrittenes Blasphemie-Gesetz sein.

Taseer im Januar 2008 als er Blumen auf das Grab Benazir Bhuttos streut. Bild: reuters

DUBAI taz | Die Atommacht Pakistan gleitet politisch weiter ins Chaos ab: Am Dienstag fiel der liberale Gouverneur der wichtigen Provinz Punjab, Salman Taseer, auf einem beliebten Basar im Herzen der Hauptstadt Islamabad einem Attentat zum Opfer. Der hochkarätige Politiker wurde Polizeiangaben zufolge von einem seiner Leibwächter erschossen, nachdem er auf dem Kohsar-Markt einige Besorgungen gemacht hatte.

Taseer hatte sich zuletzt vehement für die Abschaffung des umstrittenen Blasphemie-Gesetzes ausgesprochen. Wegen des Paragrafen war kürzlich eine Christin zum Tode verurteilt worden. Taseer hatte sich ausdrücklich für eine Begnadigung der fünffachen Mutter ausgesprochen. Der Gouverneur war ein enger Vertrauter von Pakistans Präsident Asif Ali Zardari. Die Regierung in Islamabad steht nach dem Ausstieg eines Koalitionspartners am Sonntag ohne Mehrheit da und kämpft ums politische Überleben.

Innenminister Rehman Malik vermutete, Taseer sei getötet worden, weil er das Blasphemie-Gesetz als "schwarzes Gesetz" bezeichnet habe. Taseer galt auch als ein entschiedener Kämpfer gegen die Militärherrschaft, die Pakistan mehr als die Hälfte seiner Geschichte regierte. Er wurde in dieser Zeit mehr als ein Dutzend Mal verhaftet.

Bei dem Anschlag auf den Gouverneur wurden fünf weitere Menschen verwundet. Es ist das erste Mal seit dem tödlichen Attentat auf Oppositionsführerin Benazir Bhutto im Dezember 2007, dass in Pakistan ein so wichtiger Politiker Opfer eines Anschlages wurde. Taseers Tod schwächt Zardaris ohnehin angeschlagene Pakistanische Volkspartei (PPP) weiter, seit die Partei MQM die Seiten wechselte und nun auf der Oppositionsbank sitzt.

Der Hintergrund ist die wachsende Unbeliebtheit der Regierungskoalition. Inflation, Wirtschaftskrise und eine immer schlechter werdende Sicherheitslage gefährden die Stabilität des Landes. Extremistische Kräfte erstarken wieder. Der zarte Vorstoß der Regierung, das Blasphemie-Gesetz zu ändern, führte zum Jahreswechsel zu tagelangen Protestaktionen religiöser Hardliner.

Die Regierungskrise dürfte nun noch stärker dafür sorgen, dass das Parlament keine tiefgreifenden Entscheidungen fällen kann, um die großen Probleme des islamischen Landes anzugehen. Andererseits ist ein schnelles Ende der Regierung nicht zu erwarten.

Die größte Oppositionspartei PML-N unter Führung des zweifachen Premierministers Nawaz Sharif scheint im Moment wenig Interesse zu haben, die Regierung zu übernehmen. Quellen innerhalb der Partei legen nahe, dass Sharif noch warten will, bevor er sein Comeback startet. Die PML-N hat die Mehrheit in der politisch entscheidenden Punjab-Provinz. Der Tod des dort von Zardari eingesetzten Gouverneurs stärkt die Macht von Sharifs Partei weiter.

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