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Papst und PressefreiheitVatikan warnt vor KI und Faschismus

Leo XIV. sorgt sich um die Information. Er warnt mit Hannah Arendt vor einer totalitären Gesellschaft, die Fakt und Fiktion nicht unterscheiden kann.

„Journalismus darf nie als Straftat betrachtet werden“ sagt Papst Leo (hier am 1. Oktober in Rom) Foto: Yara Nardi/reuters

Berlin taz | Papst Leo XIV. ist in Sorge. Bei einem Treffen mit Nachrichtenagenturen im Vatikan betonte er, dass eine freie und verantwortungsvolle Informationskultur essentiell sei. Es erging eine Mahnung an sämtliche Medienschaffende: Information solle nicht durch politische, wirtschaftliche oder technologische Interessen beeinflussbar sein.

Der Papst äußerte sich vor Mitgliedern des Dachverbandes „MINDS“, in dem sich mehrere Nachrichtenagenturen zusammengeschlossen haben, die meisten von ihnen aus Europa. „Wir müssen wachsam sein, dass nicht die Technologie den Menschen ersetzt und dass nicht die Algorithmen, die die Information steuern, in den Händen weniger sind“, erging eine weitere Mahnung.

Leo XIV. nannte es ein Paradox, dass gerade in der heutigen Ära der Kommunikation die Nachrichtenagenturen eine Krise erlebten. Diese Krise betreffe auch die Nutzer, die oft nicht mehr unterscheiden könnten, was wahr und falsch, was echt und was bloß künstlich erzeugt ist.

„Die Information ist ein Allgemeingut, das wir alle schützen müssen“, so der Papst. Besonders lobte er die Medienschaffenden, die aus Kriegsgebieten berichten und dabei viel riskierten. „Wenn wir heute wissen, was in Gaza oder in der Ukraine passiert ist, dann verdanken wir es zu einem großen Teil ihnen“, betonte er.

Journalismus ist keine Straftat

Mit Nachdruck wiederholte Leo XIV. seinen Appell zur Freilassung aller inhaftierten und festgehaltenen Journalisten, den er bereits wenige Tage nach seiner Wahl bei einem Treffen mit Medienleuten formuliert hatte. Er sagte: „Journalismus darf nie als Straftat betrachtet werden; es ist ein Recht, das geschützt werden muss. Die freie Information ist ein Grundpfeiler der Gesellschaft, und deshalb sind wir aufgerufen, sie zu verteidigen und zu schützen.“

Weiter rief der Papst dazu auf, die Kommunikation in den Medien zu befreien vom „kognitiven Gift“ und von ihrem „Verfall durch das sogenannte Clickbaiting“, also das Anlocken von Lesern zum Anklicken. Die Nachrichtenagenturen seien aufgerufen, als erste über Ereignisse zu berichten, und dies gelte vor allem in der Ära ständiger digitaler Live-Kommunikation.

Sie sollten sich dabei an Prinzipien orientieren, die das wirtschaftliche Überleben der Agenturen „kombinieren mit der Bewahrung des Rechts auf eine korrekte und plurale Information“. „Wer regiert die Algorithmen?“ Mit Blick auf die Wirkung der digitalen Netzwerke warnte der Papst: „Die Algorithmen erzeugen Inhalte und Daten mit einer noch nie da gewesenen Geschwindigkeit. Aber wer regiert sie? Künstliche Intelligenz verändert unsere Information und Kommunikation – aber wer steuert sie und mit welchem Ziel?“

Papst Leo zitierte in diesem Kontext die Philosophin Hannah Arendt, die in ihrem Werk über „Elemente und Ursprünge totalitärer Herrschaft“ 1951 schrieb: „Der ideale Untertan totalitärer Herrschaft ist nicht der überzeugte Nazi oder engagierte Kommunist, sondern Menschen, für die der Unterschied zwischen Fakten und Fiktion, zwischen wahr und falsch, nicht länger existiert.“

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