Parkschützer über Stuttgart 21: „Das ist das Ende des Projekts“

Parkschützer von Herrmann glaubt wieder an einen Erfolg der Tiefbahnhofsgegner – weil die Finanzierung nicht mehr gesichert ist.

„Die Kosten sind um 2,3 Milliarden Euro gestiegen, aber keiner der Projektpartner will mehr bezahlen.“ Bild: dapd

taz: Herr von Herrmann, Ende 2012 sind die Baukosten für Stuttgart 21 auf 6,8 Milliarden Euro geklettert. Was bedeutet das für Sie als die Gegner des Tiefbahnhofs?

Matthias von Herrmann: Für uns ist das eine sehr positive Entwicklung, weil wir unsere Positionen nun endlich öffentlich bestätigt wiederfinden. Die Summe, vor der wir seit Jahren warnen, liegt jetzt auf dem Tisch. Das ist das Ende des Projekts.

Da sind Sie sicher?

In der Finanzierungsvereinbarung steht ausdrücklich, dass Stuttgart 21 abgebrochen wird, wenn die Finanzierung nicht mehr gesichert ist. Dieser Fall ist nun eingetreten. Die Kosten sind um 2,3 Milliarden Euro gestiegen, aber keiner der Projektpartner will mehr bezahlen.

Laut Bundesverkehrsminister wird der Tiefbahnhof gebaut.

Das sind doch nur Durchhalteparolen von jemandem, der sein Gesicht nicht verlieren will. Dabei würde es der Politik sehr viel mehr nützen zu sagen: Die Bahn hat uns viele Jahre an der Nase herumgeführt, wir geben das Projekt endgültig auf – es bringt verkehrstechnisch nichts, hat Zerstörung gebracht und wird sie weiterhin bringen.

Was ist Ihnen vom Protestjahr 2012 in Erinnerung geblieben?

Das Fällen der Bäume war für viele ein emotional sehr schwerer Moment. Und es wurde ja bis heute gar nichts gemacht im Schlossgarten. Nur einige Probebohrungen, die keine neuen Erkenntnisse gebracht haben. Klar war: Wir machen mit dem Protest weiter. Erstens stehen noch etliche Bäume im Schlossgarten, die durch die Grundwasserabsenkung ebenfalls gefährdet wären. Und es geht um den Rosensteinpark, der sogar unter europäischem Schutz steht. Abgesehen von grundsätzlichen Bedenken wie etwa beim Brandschutz.

39, studierte Politik, Wirtschaft, Chemie. Er ist Sprecher der Aktiven Parkschützer, die zum Aktionsbündnis gegen S 21 gehören.

Seit fast zwei Jahren hat Baden-Württemberg einen grünen Ministerpräsident, im Januar tritt Fritz Kuhn sein Amt als Oberbürgermeister an. Was ändert es für Sie, wenn die Grünen an der Macht sind?

Man muss ja vergleichen, ob die CDU oder die Grünen in Spitzenpositionen sind. Im Vergleich zum Mappus-Regime machen uns Grüne in Spitzenpositionen das Leben leichter, aber nicht völlig leicht. Sie verfolgen das Projekt nicht mit der Vehemenz, mit der es Stefan Mappus und Günther Oettinger getan haben.

Hätte Ministerpräsident Kretschmann etwas anders machen sollen?

Er hätte von Anfang an öffentlich wahrnehmbar kritische Fragen stellen können. Er hat nie offen angesprochen, dass die Bahn die Kosten nicht im Griff hat und von vorne bis hinten nur Märchen erzählt. Jetzt muss er das Projekt wie in der Finanzierungsvereinbarung festgeschrieben rückabwickeln. Kuhn kann zugleich die Mischfinanzierung angreifen. Es gibt ja nicht mal einen städtebaulichen Nutzen für Stuttgart, da die Gleisflächen nie für etwas anderes als Bahnverkehr genutzt werden dürfen. Das versprochene neue Stadtviertel ist ein Hirngespinst. Er muss jetzt die Gelder, die Stuttgart für diese Flächen bezahlt hat, zurückfordern.

Wie lange werden Sie weiter protestieren?

Wir werden protestieren, bis Stuttgart 21 beerdigt ist. Am 21. Januar tagt der Lenkungskreis das nächste Mal. An diesem symbolischen Datum könnte man S 21 beenden.

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