Parlamentsbeschluss in Spanien: Stierkampf wird Kulturgut

Spanien hat das blutige Spektakel gesetzlich anerkannt. Proteste von Tierschützern waren vergeblich. Ein Verbot bleibt den Regionen jedoch vorbehalten.

Quälerei aus Tradition: seit 400 Jahren besteht das Spektakel in auf der iberischen Halbinsel schon. Bild: dpa

MADRID dpa | Für die Anhänger des Stierkampfs ist es ein historischer Augenblick, für die Gegner ein Moment der Schande: Das spanische Parlament hat die „Corrida“ zu einem „immateriellen Kulturgut“ erklärt. Damit wird der Stierkampf, der in der heutigen Form in Spanien seit vier Jahrhunderten besteht, zum ersten Mal in der Geschichte gesetzlich anerkannt und einem besonderen Schutz unterstellt. „Dies war das Beste, was der Welt des Stierkampfes passieren konnte“, sagte der Präsident des katalanischen Branchenverbands, Luis Gibert, der Zeitung El País.

Tierschützer aus aller Welt hatten vergeblich an die Parlamentarier appelliert, den Gesetzentwurf zurückzuweisen. „Stiere zur Unterhaltung des Publikums zu quälen, gehört zu einer finsteren Vergangenheit und nicht ins 21. Jahrhundert“, schrieb die US-Schauspielerin Pamela Anderson in einem offenen Brief an die Abgeordneten. Der Deutsche Tierschutzbund warnte davor, ein grausames Schauspiel als Kulturerbe zu tarnen, und betonte: „Nur ein generelles Verbot wäre zeitgemäß.“

Katalonien hatte vor gut drei Jahren als erste Region auf dem spanischen Festland entschieden, Stierkämpfe für illegal zu erklären. Das Verbot trat Anfang 2012 in Kraft. Es bewog die Anhänger der „Fiesta“ dazu, ein Volksbegehren einzuleiten mit dem Ziel, den Stierkampf einem besonderen Schutz zu unterstellen. Die Initiatoren sammelten 600 000 Unterschriften und erreichten, dass das Parlament sich mit dem Anliegen befasste.

Mit der Erklärung des Stierkampfes zum Kulturgut konnten sie einen Erfolg feiern, aber ihre wichtigsten Ziele erreichten sie nicht: Mit dem jetzt verabschiedeten Gesetz wird das Verbot in Katalonien nicht aufgehoben. Es wird auch nicht grundsätzlich verhindert, dass andere Regionen den Stierkampf ebenfalls für illegal erklären. Die Anerkennung als Kulturgut ist eher eine Geste symbolischer Natur, die den Staat kaum zu konkreten Maßnahmen zwingt.

Sache der Regionen

„Der Stierkampf als ein verschwommenes Kulturgut“, witzelte die Zeitung El País. Dass das Parlament die Initiative des Volksbegehrens abschwächte, hatte einen einfachen Grund: Für die Regelung des Stierkampfs sind – wie Verfassungsrechtler betonen – in erster Linie die Regionen zuständig, dem Zentralstaat fehlen auf diesem Gebiet weitgehend die Kompetenzen.

Der Parlamentsbeschluss machte zudem deutlich, dass der Stierkampf die spanische Gesellschaft in zwei Lager teilt. Nur die konservative Volkspartei (PP) stimmte für das Gesetz und sorgte mit ihrer absoluten Mehrheit für die Verabschiedung. Die Sozialisten (PSOE) bezeichneten das Vorhaben als „überflüssig“. Die Vereinte Linke (IU) qualifizierte die Kämpfe als „verwerflichen Akt“. Wenn Spanien bei der Unesco den Antrag stelle, den Stierkampf in die Liste des immateriellen Weltkulturerbes der Menschheit aufzunehmen, werde die Weltgemeinschaft dies als eine Provokation empfinden, warnte der IU-Parlamentarier José Enrique Iglesias.

Es scheint auch fraglich zu sein, ob das neue Gesetz an der schweren Krise etwas ändern wird, in der der Stierkampf seit Jahren steckt. Da die Gemeinden in Spanien eisern sparen müssen, ist vor allem in kleineren Orten kein Geld mehr da für das Spektakel. In den vergangenen fünf Jahren ging die Zahl der Kämpfe um fast die Hälfte zurück. Die Besucher sind überwiegend ältere Leute. Mehr als vier Fünftel der jungen Spanier wollen von Stierkämpfen nichts wissen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.