Parlamentsdebatte über Berlins Finanzen: Opposition will mehr Geld ausgeben

Die rot-schwarze Koalition führt ihren Kurs fort, den immer noch rund 60 Milliarden Euro hohen Berliner Schuldenberg abzutragen.

Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) rechtfertigte am Donnerstag im Abgeordnetenhaus die Strategie, mit Haushaltsüberschüssen auch alte Schulden zu tilgen. Die Opposition hingegen forderte höhere Investitionen. Foto: dpa

Vielleicht finden SPD und Linkspartei ja nach der Abgeordnetenhauswahl im Herbst wieder zusammenfinden. Aber bis dahin werden die beiden früheren Koalitionspartner beim Thema Haushalt keine Freunde mehr. Während die Linke mehr und vor allem deutlich schneller investieren will, setzen die Sozialdemokraten mit ihrem Noch-Partner CDU auch darauf, den weiterhin 60 Milliarden Euro hohen Schuldenberg abzubauen.

Für Martina Schmidt, die führende Finanzpolitikerin der Linkspartei, war es am Donnerstag im Parlament schlicht nicht hinnehmbar, dass immense und seit längerem absehbare Überschüsse zur Hälfte für den Schuldenabbau dienen sollen. Sie will noch für die letzten Wochen des aktuellen Landeshaushalts einen Nachtrag beschließen, also eine Korrektur des Etats. Das soll es ermöglichen, die auf eine Milliarde Euro bezifferten Überschüsse schnell zu investieren.

Dass es genug wichtige Bereiche für Investitionen gibt, war im Parlament unstrittig: bei Schulen, Straßen, Krankenhäusern oder Hochschulen. Einen solchen Nachtragshaushalt kurz vor Beschluss des neuen Landeshaushalts für 2016 und 2017 am 10. Dezember aber lehnte die rot-schwarze Koalition ab. Sie will die Überschüsse gemäß einer erst vor einem Jahr beschlossenen Regelung zur Hälfte in die Tilgung, zur Hälfte in einen Investitionstopf stecken. Aus Sicht der Linksfraktion funktioniert dieser Topf nicht: von den dort zu Jahresbeginn reingesteckten fast 500 Millionen Euro ist laut Martina Schmidt bisher erst ein Zehntel ausgegeben.

SPD-Chefhaushälter Torsten Schneider brandmarkte die Linken-Forderung als komplett falsch: „Ihre Linie führt auf 90 Milliarden Euro Schulden, unsere Linie hingegen führt unter 60 Milliarden.“ Da war es der Piraten-Finanzpolitiker Heiko Herberg, der der Linkspartei beisprang: „Wir wollen keine 90 Milliarden Euro Schulden machen.“ Wie Grünen-Haushälter Jochen Esser wies Herberg darauf hin, dass jede jetzt unterlassene Investition in späteren Jahren umso teurer werde. „Sie fahren die Stadt komplett auf Verschleiß“, sagte Herberg. Die rot-schwarze Koalition habe den Sanierungsstau nicht verringert. „Jedes kaputte Schuldach, jedes Schlagloch ist ein Haushaltsloch, das geschlossen werden muss“, argumentierte auch der Grünen-Abgeordnete Esser.

Die CDU-Fraktion machte jenseits aller inhaltlichen Auseinandersetzung noch eine historische Kampflinie auf. „Dass ausgerechnet Sozialisten uns was zum Thema Haushalt und Finanzen erzählen, ist ja abwegig“, sagte ihr haushaltspolitischer Sprecher Christian Goiny.

Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) mühte sich um Sachlichkeit, erinnerte daran, wie sehr wegen der Altschulden die ansonsten günstige Finanzlage des Landes Berlin von den historisch niedrigen Zinsen abhängt. Vor der Finanzkrise sei der übliche Zins rund 4 Prozent gewesen, derzeit liege er bei 0,6 Prozent. Sollte er wieder auf den alten Wert steigen, würde das Berlin jährlich über zwei Milliarden zusätzlich kosten. „Der Haushalt ist verwundbar“, sagte Kollatz-Ahnen, „die Politik kann die Zinsetwicklung nicht kontrollieren.“

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