Parlamentskommission zu Fukushima-Folgen: Alles klarmachen für den nächsten GAU

Nach Fukushima empfiehlt eine japanische Kommission Übungen für den Ernstfall. Auch den deutschen Katastrophenschutz halten Experten für unzureichend.

Was tun, wenn's strahlt? Die Frage stellt sich nicht nur in Japan. Bild: freeday/photocase.com

BERLIN taz | Einfach nicht dran denken! Mit dieser Devise für den Umgang mit explodierenden Atomkraftwerken muss Schluss sein, fordert ein Ausschuss des japanischen Parlaments. Der Bevölkerung müsse erklärt werden, was nach einem atomaren Störfall zu tun sei.

Kann es Verhaltensregeln für den größten anzunehmenden Unfall geben – ein explodierendes AKW? So wie jeder Fahrschüler lernt, was nach einer Reifenpanne zu tun ist? An der Antwort auf diese Frage hatte sowohl in Japan als auch in Europa bisher kaum jemand Interesse.

Den AKW-Betreibern war nicht daran gelegen, breit über Jodtabletten und Evakuierungszonen zu diskutieren. Der Abschreckungseffekt schien zu groß. Die Umweltbewegung wollte dagegen Reaktoren gleich ganz abschalten. Die Aufsichtsbehörden rechneten das Risiko klein oder versuchten, Störfälle mit technischen Vorschriften zu verhindern.

Fukushima hat gezeigt, wie wichtig ein guter Katastrophenschutz ist. Weil Informationen fehlten, wurden hier einige Bewohner in Gebiete evakuiert, die noch stärker belastet waren als ihre Heimatdörfer.

Bessere Aufklärung gefordert

„Lokale Behörden sollten wiederkehrende Evakuierungsübungen in realistischen Umkreisen durchführen“, forderte darum die Parlamentskommission zur Untersuchung der Folgen von Fukushima, die am Montag ihren Abschlussbericht vorlegte.

Nötig sei auch bessere Aufklärung: „Die Öffentlichkeit muss ihr Verständnis von nuklearer Strahlung vertiefen.“ Das Gremium verspricht sich davon, dass es nicht zu „unnötigen Ängsten“ in der Bevölkerung kommt.

„Die Aufklärung ist in Deutschland genauso schlecht wie in Japan“, sagt Harald Nestler vom Umweltinstitut München. Die Notfallpläne decken nur eine kleine Region im Umfeld des Meilers ab. „Es würde das gleiche Chaos geben wie nach Fukushima“, betont Nestler.

Zumindest das Problem unzureichender Messwerte gibt es in Deutschland nicht. Die Aufsichtsbehörden der Länder unterhalten anders als in Japan eigene Messnetze und sind nicht auf Daten der Kraftwerksbetreiber angewiesen. Die Länderaufsicht hält Frank Roselieb, Direktor des Instituts für Krisenforschung in Kiel, für durchsetzungsfähiger als in Japan.

Nur vereinzelte Evakuierungsübungen in Deutschland

Regelmäßige Evakuierungsübungen gibt es allerdings auch in Deutschland nicht. Allenfalls in einzelnen Einrichtungen wie in Schulen in Kraftwerksnähe wird der Ernstfall durchgespielt. „Evakuierungsübungen halte ich auch bei uns für sinnvoll“, sagt Roselieb.

Das Problem: Viele Kraftwerke in Deutschland liegen in Reichweite von Ballungs- und Industriezentren. „In Grohnde wären mehrere hunderttausend Menschen betroffen. Eine Evakuierung würde man gar nicht hinbekommen“, sagt Roselieb. Und: „Auch Unternehmen würden sich das nicht bieten lassen, weil es zu Produktionsausfällen käme.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.