Parlamentswahl in Großbritannien: Das EU-Gespenst

Europapolitik spielte bisher keine Rolle. Nach der Wahl könnte die EU-Position eine Schlüsselfrage für die Regierungsbildung werden.

Wendet sich bisher ab: David Cameron. Bild: reuters

CAMBRIDGE taz | Vom europäischen Festland aus gesehen, dreht sich die britische Parlamentswahl vor allem um das zukünftige Verhältnis zu Europa. David Camerons regierende Konservative planen für 2017 eine Volksabstimmung über Großbritanniens EU-Mitgliedschaft; Ed Milibands Labour-Opposition will das nicht – ein klarer Unterschied. Doch im Wahlkampf spielt die EU keine Rolle, außer bei der rechtspopulistischen Ukip, die den EU-Austritt predigt.

Nach der Wahl könnte die EU-Frage eine Schlüsselfrage für die Regierungsbildung werden. Cameron kann seine Pläne für eine Volksabstimmung nicht als Preis für eine Koalition begraben – seine Partei würde ihn sofort stürzen. Die Liberaldemokraten, die bisher ein EU-Referendum strikt ablehnten, haben die Forderung nach Verzicht darauf aber nicht in ihre „roten Linien“ für eine künftige Koalition aufgenommen.

Dies gilt als deutliches Signal des liberalen Parteichefs Nick Clegg in Richtung Cameron – könnte aber gekippt werden, falls Clegg fällt und die Partei eine neue Führung bekommt. Labour will aus Prinzip keine EU-Volksabstimmung; dies erleichtert ein Zusammengehen mit den schottischen SNP-Nationalisten, die im Fall eines EU-Referendums ein zweites Unabhängigkeitsreferendum für Schottland anstreben würden.

Grafik: taz

Noch weniger haben andere Fragen der Außen- oder Verteidigungspolitik Eingang in den britischen Wahlkampf gefunden. Weder Rechte noch Linke sind stolz darauf, dass Großbritannien unter Cameron als einziges G-7-Land das UN-Ziel erreicht hat, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die staatliche Entwicklungshilfe zu stecken, und die Entwicklungshilfe per Gesetz von Kürzungen ausgenommen ist. Die Nato-Vorgabe, 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu stecken, will Cameron nicht erfüllen.

Nach der Wahl könnte Verteidigungspolitik ein weiteres Schlüsselthema werden. 2016 steht die Entscheidung an, Großbritanniens U-Boot-gestütztes Atomwaffenarsenal zu erneuern, was über die nächsten zwanzig Jahre 100 Milliarden Pfund (135 Milliarden Euro) kosten könnte. Die Konservativen sind für eine Erneuerung, die SNP will eine atomare Entwaffnung und sieht dies als „rote Linie“ für die Unterstützung einer Labour-Regierung.

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