Parlamentswahl in Litauen: Doppelte Niederlage für Regierung

In Litauen zeichnet sich ein Machtwechsel ab. Die linke Opposition gewinnt die erste Wahlrunde. Gleichzeitig stimmten die Wähler gegen ein neues Atomkraftwerk.

Deutliche Mehrheit: Greenpeace-Aktivisten protestierten in Vilnius gegen die Atom-Pläne der Regierung. Bild: dapd

VILNIUS dapd | In der ersten Runde der Parlamentswahl in Litauen hat sich nach Auszählung von fast drei Vierteln der Wahlkreise die linksgerichtete Opposition durchgesetzt. Die populistische Arbeitspartei (DP) kam demnach auf 23,4 Prozent der Stimmen, die Sozialdemokraten (LSDP) lagen mit 19,4 Prozent auf Rang zwei.

Am viertbesten schnitt die populistische Partei Ordnung und Gerechtigkeit (TT) des früheren Staatspräsidenten Rolandas Paksas ab, die 9,2 Prozent erzielte. Die drei Parteien nahmen in der Nacht zum Montag erste Vorgespräche über eine mögliche Regierungsbildung auf.

Schwere Verluste musste dagegen die liberal-konservative Regierungskoalition von Ministerpräsident Andrius Kubilius hinnehmen. Kubilius' Vaterlandsunion (TS-LKD) kam den Teilergebnissen zufolge auf 12,3 Prozent.

Eine weitere Schlappe musste die Regierung bei einer gleichzeitigen Volksabstimmung über den Bau eines Atomkraftwerks einstecken. Nach Auszählung von 45 Prozent der Wahlkreise sprachen sich am Sonntag 64 Prozent und damit fast zwei Drittel gegen den Bau aus, 36 Prozent dafür, wie die Zentrale Wahlkommission mitteilte. Es sei unwahrscheinlich, dass sich das Verhältnis noch ändern werde, erklärte die Kommission.

Lohnerhöhungen und Steuersenkungen

Der DP-Vorsitzende Viktor Uspaskich traf in der Nacht zum Montag mit den Vorsitzenden von LSDP und TT zusammen, um Rahmenbedingungen für eine mögliche Koalitionsvereinbarung zu erörtern. „Wir haben mit der Bildung einer Arbeitsgruppe begonnen, die Koalitionsgespräche führen und unsere Schritte in der zweiten Wahlrunde am 28. Oktober koordinieren wird“, sagte Uspaskich vor Journalisten.

Die drei Parteien haben einen radikalen Politikwechsel versprochen, darunter Lohnerhöhungen und Steuersenkungen. Die Sozialdemokraten haben sich darüber hinaus für eine Verschiebung der Einführung des Euros ausgesprochen. Die Regierung hat Interesse an einer Euroeinführung 2014 geäußert.

Kubilius' Kabinett steht wegen seiner strikten Sparpolitik, der hohen Arbeitslosigkeit und des sinkenden Lebensstandards unter Druck. Die Arbeitslosenrate lag im zweiten Quartal bei 13,3 Prozent. Zehntausende Menschen haben bereits in der Hoffnung auf einen Job in anderen Mitgliedsländern der Europäischen Union das Land verlassen.

Zweite Wahlrunde Ende Oktober

Bei der Energieversorgung ist Litauen vor allem auf Gaslieferungen aus Russland angewiesen. Die Energiekosten für litauische Haushalte sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Nach Ansicht der Mitte-rechts-Koalition ist der Bau eines Atomkraftwerks nötig, um die Abhängigkeit von Russland zu verringern.

Kritiker halten die Kosten von rund 4,6 Milliarden Euro für zu hoch, außerdem halten sie die japanische Atomtechnologie, die dabei zum Einsatz kommen soll, für bedenklich. Die drei Parteien, die möglicherweise künftig die Regierung stellen, haben Vorbehalte gegenüber dem Projekt angemeldet.

Ob es in Vilnius nun tatsächlich zum Regierungswechsel kommt, ist allerdings noch unklar: Von den 141 Parlamentssitzen wird lediglich die Hälfte über Parteilisten vergeben, bei der anderen Hälfte handelt es sich um Direktmandate. Da für den Gewinn eines Direktmandats eine absolute Mehrheit notwendig ist, sind für den 28. Oktober Stichwahlen angesetzt. Die genauen Mehrheitsverhältnisse im Parlament werden daher erst in zwei Wochen feststehen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.