Parlamentswahl in Tschechien: Keine Mehrheiten in Prag

Tschechien steht eine komplizierte Regierungsbildung bevor. Den Sozialdemokraten fehlt die Mehrheit, die Protestpartei ANO landet auf dem zweiten Platz.

Man zählt und zählt und am Ende kommt nur Chaos raus: Wahlhelferhände in Tschechien. Bild: reuters

PRAG dpa | Nach der Parlamentswahl bahnt sich in Tschechien eine äußerst schwierige Regierungsbildung an. Die Sozialdemokraten wurden zwar stärkste Kraft, verfügen aber über keine Mehrheit. Die bürgerlichen Parteien müssen herbe Verluste hinnehmen.

Die Sozialdemokraten (CSSD) unter Parteichef Bohuslav Sobotka blieben mit 20,45 Prozent (2010: 22,09) der Stimmen deutlich hinter den Erwartungen zurück. Dahinter landete nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis die „Aktion unzufriedener Bürger“ (ANO) des Milliardärs und Medienmagnaten Andrej Babis mit 18,65 Prozent. Die Kommunisten (KSCM) wurden mit 14,91 Prozent (2010: 11,27) drittstärkste Kraft.

Starke Verluste mussten die liberal-konservativen Parteien hinnehmen, die bis Juni die Regierung gestellt hatten. Die bürgerliche TOP09 von Ex-Außenminister Karel Schwarzenberg landete bei 11,99 Prozent (2010: 16,7). Die Demokratische Bürgerpartei (ODS) verlor deutlich und kam auf 7,72 Prozent (2010: 20,2 Prozent). Erstmals seit 2006 schafften die katholisch geprägten Christdemokraten (KDU-CSL) den Sprung ins Parlament (6,78 Prozent). Die Wahlbeteiligung lag lediglich bei 59 Prozent.

„Es ist ein bitterer Sieg“, sagte Sobotka am Samstagabend im Fernsehen. Er kündigte an, die Bildung einer Minderheitsregierung zu versuchen. Dazu wolle er rasch Gespräche mit allen Parteien und dem linksgerichteten Präsidenten Milos Zeman führen.

Babis zeigt Gesprächsbereitschaft

Die neue Protestbewegung ANO des Unternehmers Babis landete einen Überraschungserfolg. Sie zieht erstmals in das Abgeordnetenhaus in Prag ein und könnte im Ringen um die Regierungsbildung zum Königsmacher werden. „Wir wollen nicht in die Regierung“, hatte der 59-jährige Babis zunächst erklärt. Später am Wahlabend schwächte er diese Aussage jedoch ab: „Der Präsident muss sagen, wie er sich das vorstellt.“

Den Grund für die Verluste im bürgerlichen Lager sehen Beobachter in der harten Sparpolitik der früheren Mitte-Rechts-Koalition. „Wir haben Fehler gemacht“, räumte Schwarzenberg ein.

Die vorgezogene Abgeordnetenhaus-Wahl hatte die monatelange Regierungskrise in dem Land beenden sollen. Im Juni war der liberal-konservative Ministerpräsident Petr Necas über einen Bespitzelungsskandal gestürzt. Der Vorwurf lautete, seine Geliebte habe Necas' damalige Ehefrau vom Geheimdienst überwachen lassen. Seit Juli leitet eine Übergangsregierung unter Jiri Rusnok das Land.

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