Parteien in Israel: Zionistische Union löst sich auf

Vor laufender Kamera verkündet Avi Gabai, Chef der israelischen Arbeiterpartei, das Ende der Kooperation mit Zipi Livni und der Ha-Tnu'a.

Zipi Livni, ehemalige Justizministerin Israels

Adieu Mitte-Links-Bündnis – die geschasste Politikerin Zipi Livni Foto: reuters

JERUSALEM taz | Benjamin Netanjahu hat Grund zur Freude. Nicht nur sagen Umfragen dem israelischen Regierungschef einen klaren Sieg in der vorgezogenen Parlamentswahl am 9. April voraus. Auch zerfällt die Opposition in immer mehr Einzelteile, während sie versucht, die Wähler*innen doch noch für sich zu gewinnen.

Vor laufender Kamera kündigte Avi Gabbay, Chef der Arbeitspartei, seine Kooperation mit Zipi Livni und ihrer Bewegungspartei und besiegelte damit das Ende der Zionistischen Union, des größten Oppositionsbündnisses.

Das kam sogar für Livni selbst überraschend, die mit verbitterter Miene neben dem Rednerpult sitzend die Pressekonferenz verfolgte. „Eine wahre Verbindung und gegenseitige Unterstützung“ habe es nicht gegeben, erklärte Gabbay, der sich von Livni betrogen fühlt, die offenbar hinter seinem Rücken für einen Wechsel an der Listenspitze agierte.

Livni ging erst zum Gegenangriff über, als sie sich wieder gesammelt hatte. Eine Partnerschaft habe es tatsächlich nicht gegeben, „weil Gabbay dazu nicht bereit war“, sagte sie. Unter seiner Führung sei es in der Zionistischen Union nicht mehr um den Staat gegangen, sondern um „Ego-Kämpfe“.

Die Politikerin appellierte an ideologische Verbündete, nun gemeinsam „das Ziel der politischen Wende“ anzugehen. Israel brauche eine neue Regierung, um „sich von den Palästinensern zu trennen“ und so den jüdischen Staat zu retten, in dem Gleichberechtigung herrsche.

Netanjahu führt derzeit die rechteste Regierung in der Geschichte Israels und will nach der Wahl ein ähnliches Bündnis schmieden. Er hatte vergangene Woche die Entscheidung seiner rechts-religiösen Koalition für eine vorzeitige Wahl bestätigt. Regulär sollte erst im November 2019 gewählt werden.

Netanjahus Koalition war zuletzt stark unter Druck geraten und regierte nur noch mit einer hauchdünnen Mehrheit. Trotz Korruptionsermittlungen gegen ihn kann Netanjahu damit rechnen, im April erneut Regierungschef zu werden.

Zersplitterung trotz ideologischer Nähe

Die Zionistische Union ist bereits die zweite politische Bewegung, die sich seit der Auflösung der Knesset spaltet. Am Wochenende hatten die Minister für Justiz und Bildung, Ajelet Schaked und Naftali Bennett, Abschied genommen von der an der Regierung beteiligten Siedlerpartei „Jüdisches Heim“. Mit einer neuen Partei, der „Neuen Rechten“, wollen sie nun fromme und weltliche Israelis für ihr nationales Lager gewinnen.

Auch der ehemalige Generalstabschef Benny Gantz gründete mit „Widerstandskraft für Israel“ eine neue Partei. Umfragen deuten darauf hin, dass er aus dem Stand zweitstärkste Kraft hinter Netanjahus Likud werden könnte.

Während Israels Parteienlandschaft zunehmend zersplittert, sind die ideologischen Unterschiede zwischen den Parteien oft nicht sehr groß. Netanjahus absehbarer Wahlsieg liegt zu weiten Teilen in den Machtallüren der einzelnen Partei- und Listenchefs begründet, von denen sich keiner mit Platz zwei zufrieden geben will.

Für Livni, ehemals Außen- und Justizministerin, könnte Gabbays Alleingang das politische Ende bedeuten. Sollte es ihr nicht gelingen, bis April neue Partner zu finden, wird ihre Partei es kaum schaffen, die 3,25-Prozent-Hürde für den Einzug in die Knesset zu nehmen.

Die 60-Jährige, die einst die Friedensverhandlungen mit den Palästinensern führte, ist – abgesehen von der linken Meretz und der antizionistischen Vereinten Liste – aktuell die einzige Politikerin, die die Umsetzung der Zweistaatenlösung noch thematisiert. Eine Kooperation mit der Meretz wäre möglich, würde der früheren Likud-Abgeordneten Livni aber einen riesigen Sprung über den eigenen Schatten abfordern.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.