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Amerika

Parteitag der Republikaner in Florida Alles Obamas Schuld!

Vizekandidat Paul Ryan begeistert den republikanischen Parteitag. Mit seiner von Halbwahrheiten gespickten Rede fährt er eine direkte Attacke gegen Obama.

Paul Ryan mit seiner gesamten Familie auf dem Parteitag der Republikaner in Florida. Bild: dpa

TAMPA taz | Wer vor vier Jahren Sarah Palin genossen hat, wird sich auch mit ihrem Nachfolger amüsieren: Paul Ryan hat seinen ersten großen Auftritt als Vizepräsidentschaftskandidat von Mitt Romney zu einer offenen Attacke gegen Barack Obama genutzt.

In einer von zahlreichen Halbwahrheiten und einigen echten Lügen gespickten Rede machte Ryan am Mittwochabend in Tampa den US-Präsidenten für sämtliche wirtschaftlichen Übel des Landes verantwortlich – von dem hohen Defizit über die Krise des Immobilienmarktes, die Arbeitslosigkeit und das Downgrading der US-Kreditwürdigkeit bis hin zur Schließung einer Autofabrik in seiner eigenen Heimatstadt.

Das – mehrheitlich grauhaarige – Publikum empfing den zwei Wochen zuvor von Romney ernannten Vizepräsidentschaftskandidaten aus Wisconsin mit großzügigem Beifall. Der 42-Jährige stellte seine Familie – Gattin, drei Kinder und Mutter – vor. Kokettierte mit seiner Jugend und seinem Generationsunterschied zu Romney.

Sich selbst beschrieb er als jemanden, der sein Leben auf „amerikanische Art“ in die Hand nimmt und selbst denkt und entscheidet. Sein Politikverständnis definierte Ryan so: „Unsere Rechte kommen von der Natur und von Gott. Nicht von der Regierung.“ Sein Dogma sind: „freie Menschen und starke Unternehmen“.

„Wir werden nicht vor toughen Maßnahmen zurückschrecken“, kündigte Ryan an. Und ließ durchblicken, was dem Land blüht, wenn das Tandem Romney & Ryan im November die Wahlen gewinnt: massive Sparmaßnahmen im Sozial- und Erziehungsbereich, radikale Steuersenkungen für SpitzenverdienerInnen und Privatisierungen der verbleibenden öffentlichen Sozialversicherungs- und Gesundheitssysteme.

Doch anstatt in Details über seine Pläne für die Zukunft zu gehen, versuchte Ryan seine eigene Mitverantwortung als der bisherige führende Haushaltspolitiker der RepublikanerInnen im Kongress für die Probleme der Gegenwart zu kaschieren. Während die Schuldenuhr an den Wänden des Kongresszentrum von Tampa tickte, behauptete Ryan, Präsident Obama habe keine Haushaltspolitik gemacht, kein eigenes Programm vorgelegt. 

Republikanische Blockade Strategie

Dabei unterschlug Ryan das nur ein Jahr zurückliegende Psychodrama in Washington, bei dem die republikanische Mehrheit im Kongress jeden Haushalt – und jeden Versuch zur Defizitreduzierung – blockierte, inklusive der Empfehlungen der paritätisch besetzten Simpson-Bowles-Haushaltskommission.

Ryan behauptet auch, die Demokraten wollten der Gesundheitsversorgung von SeniorInnen Milliarden entziehen. Dabei unterschlägt er, dass sein eigenes Haushaltsprogramm das Medicare-Programm privatisieren – und damit für die heute unter 55-Jährigen ganz abschaffen – und durch ein Couponsystem ersetzen will. Sein unredlichstes Extrem erreichte Ryan in Tampa, als er eine Fabrikschließung, die noch zu Amtszeiten von George W. Bush stattfand, in die Verantwortung von Obama schob.

Ein zentrales Stichwort, das Ryan mehrfach für die Obama-Regierung benutzte, hat vor ihm auch schon Ex-Außenministerin Condoleezza Rice vor dem Parteitag genannt: „Führungsschwäche.“ In ihrer Rede, die sich mit der Außenpolitik der USA beschäftigte, warnte Rice, dass ein führungsschwaches Amerika international entweder ins Chaos oder zur Führungsübernahme durch gefährliche Alternativen führen würde.

„Wir können uns keine Führungsschwäche leisten“, sagte Rice. Sie ist die höchste Repräsentantin der ehemaligen republikanischen Spitze, die in Tampa Rederecht bekam. Ihr früherer Präsident George W. Bush musste den Parteitag aus der Ferne verfolgen.