Grüner Pastor wird Brauner: Von der Kanzel zum NPD-Pult

Der Bremer Pfarrer Friedrich Bode hat sich im Ruhestand zum rechtsextremen Prediger entwickelt. Nun droht ihm ein Disziplinarverfahren.

Eine vertrocknete Sonnenblume lässt den Kopf nach rechts hängen.

Erst grün, dann braun: Pastor Bode hat sich nach rechts gewendet Foto: Imago/Paul von Stroheim

BREMEN taz | Der Bremer Pastor Friedrich Bode ist ein Eiferer, der nie viel auf die Meinung seiner Dienstoberen gegeben hat. Doch während er früher wegen seiner Kritik am Finanzgebaren der Kirche aneckte, ist es heute seine Nähe zur NPD. Am 17. Februar will Bode auf einer NPD-Kundgebung „in der Nähe von Bremen“ auftreten, zusammen mit dem Neonazi Thorsten Heise. Sein Thema laut Ankündigung der NPD: „Hat es den moralischen Urknall gegeben und gibt es noch ein fassbares Echo?“ Für Bode ist es ein Engagement für die Meinungsfreiheit. Die Bremer Kirche sieht das anders: Sie will den pensionierten Beamten zum Gespräch einladen, ein Disziplinarverfahren droht.

Bekannt wurde der Kirchenmann, als er sich in ganz anderen politischen Zusammenhängen engagierte: Sein Bild ging um die Welt, als er sich bei einer Demonstration gegen den Bau des Atomkraftwerks Brokdorf 1976 im Talar vor die Phalanx der schwer bewaffneten Polizisten stellte. Um die Demonstranten vor Übergriffen zu schützen, sagt er. Atomenergie ist für ihn Satanszeug, damals wie heute.

Der kirchlichen Autorität hat Bode noch nie vertraut, schon gar nicht, seitdem er nach einem Disziplinarverfahren 1991 aus dem kirchlichen Dienst ausscheiden musste. Mit der Kirche hatte er zum Beispiel Ärger, weil er Gemeindevermögen bei der Ökobank in Frankfurt anlegen wollte. Bei anderen Banken gebe es mehr Zinsen, meinte sein Gemeindevorstand damals, und die würden für gute Zwecke gebraucht. Immer wieder und überall eckte er im kirchlichen Dienst an. Unverträglichkeit im mitmenschlichen Umgang wurde ihm vorgeworfen.

Für Bode gibt es kein „rechts“ und kein „links“

Er selbst sieht für sich einen ganz anderen Maßstab: „Natürlich“, sagt der 77-jährige Pfarrer „i. R.“, ein wenig empört, er sei ein „konservativer Christ“. Damit ist auch die Frage nach seiner Parteilichkeit beantwortet: „In allererster Linie bekenne ich mich zu Christus.“ Für Bode gibt es kein „rechts“ und kein „links“, sondern nur Bode. Das war immer so und das Alter hat ihn nicht weise gemacht, sondern eher altersstarrsinnig.

Friedrich Bode gehörte zu den Gründern der Bremer Grünen in Bremen, die 1979 als erste „Bremer Grüne Liste“ in ein Landesparlament einzogen. Bis heute ist er Gegner der Atomenergie, und er ist dabei, wenn Massentierhaltung angeprangert wird. „Im Zentrum dieser neuen teuflischen Strategie steht das Kapital“, davon ist er überzeugt.

Aus der Grünen-Partei trat er 2015 aus, als ihm in seinem Kreisverband Rotenburg ein Ausschlussverfahren drohte. Dort hatte er Diskussionsveranstaltungen organisiert über die Zuwanderung, die in einem Bürgerkrieg enden könnte, und über die palästinensische Hamas, die „natürlich nicht eine Terroristenorganisation“ sei, sondern für Gerechtigkeit kämpfe. Er beteiligte sich an Boykott-Aktionen gegen Waren aus Israel – im Namen der Menschlichkeit.

Auf dem Boden des lutherschen Antisemitismus

Bode steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden des lutherschen Antisemitismus. Er wollte, erklärte er rückblickend sein Engagement in der Öko-Partei, „meine Freunde an die reinen Quellströme grüner Politik führen“, weg von Parteienproporz und Machtgerangel. „Heute sind nahezu alle Grünen Spitzenpolitiker Altkommunisten, die mit sehr viel Geschick die unbedarften Grünen manipulieren.“

Friedrich Bode, Pastor

„Als Jesus ans Kreuz geführt wurde, hat das Volk auch geschrieen, mit den Mächtigen zusammen: ‚Kreuzige ihn‘“

Der Pfarrer ist ein Vielleser. Noch nie war die Bibel ihm genug. Seitdem es das Internet gibt, liest er nicht nur Bücher, sondern eigentlich mehr Texte im Netz. Zu Deutsch: Kraut und Rüben. Bode kennt die Theorie von der „Kanzlerakte“, einem angeblich geheimen Staatsvertrag vom 21. Mai 1949, mit dem sich die alliierten Siegermächte des Zweiten Weltkriegs die „Medienhoheit“ in der Bundesrepublik sicherten. Jeder deutsche Bundeskanzler müsse dieses Schriftstück vor Ablegung des Amtseides unterzeichnen – als Verpflichtungs­erklärung gegenüber den Alliierten. Wenn man das glaubt, dann kann man fortan alles glauben und den „Medien“ nichts mehr.

Bei seinem Weg durch das komplexe Gestrüpp der Internet-Informationen vertraut Bode allein den Wahrheiten, die ihm „höher als alle Vernunft“ erscheinen. Hatte nicht Paulus genau das als Qualitätsmerkmal seiner Christus-Überzeugung gepriesen?

Deutschland als „besetztes Land“

Angesprochen auf sein deutschnationales Gedankengut verweist er auf Schiller, Goethe, Luther. „Wir sind als Kulturnation verpflichtet, dies in Ehren zu halten und weiter zu entwickeln zum Wohle der Völker dieser Welt. Solange wir keinen Friedensvertrag haben und uns die Medienhoheit versagt wird, sind wir ein besetztes Land.“

Vor rechtsradikalem Publikum hat Friedrich Bode schon einmal vor einem Jahr eine große Rede gehalten bei der „Gedenkveranstaltung für die Ermordeten der Rheinwiesenlager“. In Bretzenheim bei Bad Kreuznach findet regelmäßig ein Aufmarsch unter dem Motto „Befreiung von der Befreiungslüge“ statt, auf dem gelegentlich der „jüdische Massenmörder Eisenhower“ angeklagt wird. Am 7. Mai 2017 war Bode dabei, seine Rede ist auf Youtube nachzuhören, der Film endet mit der Deutschlandhymne instrumental.

Der Pfarrer Bode griff da den Theologen Dietrich Bonhoeffer frontal an, der noch am 9. April 1945 im KZ Flossenbürg hingerichtet worden war. Bonhoeffer habe, so erklärte Bode empört, für die Niederlage Deutschlands gebetet. Der Zweite Weltkrieg sei aber nicht ein Krieg gegen die „Reichsregierung unter Adolf Hitler“ gewesen, sondern ein „Krieg gegen das deutsche Volk“. Ein „kleiner Gefreiter“ habe „in wenigen Jahren eine am Boden liegende Nation wieder zu einem kraftvollen Bekenntnis zur eigenen Geschichte aufgerichtet“, so verkündete Bode. Das sei „bis heute einzigartig in der Weltgeschichte“. Und hinter den Weltkriegen des 20. Jahrhunderts sieht er „satanische Mächte“ stehen.

Der Mann ist ein geschickter Rhetoriker. Er verkündet das „tausendjährige Friedensreich“ – mit Verweis auf ein Bibelzitat. Aber wo die Offenbarung des Johannes den Jesus-Anhängern tröstliche Versprechungen macht, predigt Bode Hoffnung für die Deutschen: „Warum ist nur das deutsche Volk für diese Aufgabe auserwählt?“, fragt er rhetorisch. Er erwähnt die Zahl sechs Millionen – aber mit dem Hinweis, das deutsche Volk sei „das einzige Volk, das von sich behaupten kann, dass sechs Millionen Menschen spurlos verschwunden sind“.

Holocaust? Eine „Frage an die Historiker“

Zusammen mit Gerard Menuhin, dem gefallenen Sohn des weltberühmten jüdischen Geigers, verteidigte Bode 2015 Horst Mahlers antisemitisches Werk „Das Ende der Wanderschaft“ vor der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien im Namen der Meinungsfreiheit. Mahler bezeichnet den Holocaust als „die gewaltigste Lüge der Weltgeschichte“. Und: „Der Holocaust hat nicht stattgefunden.“

Bode dazu: „Das kann man doch wohl mal sagen.“ Ob es den Holocaust gegeben habe oder nicht, sei eine „Frage an die Historiker“: Das „muss bewiesen werden bis ins kleinste Detail“. Bisher sei das jedoch nicht geschehen. Den vom Links-zum Rechtsextremismus irrlichternden Horst Mahler versteht Bode mit biblischen Metaphern: „Aus einem Saulus wurde ein Paulus unserer Tage.“ Für sich selbst wählt Friedrich Bode einen noch herausragendere Vergleichsfigur: „Als Jesus ans Kreuz geführt wurde, hat das Volk auch geschrieen, mit den Mächtigen zusammen: Kreuzige ihn.“

Im Zusammenhang mit einem Symbolfoto zum Artikel „Von der Kanzel zum NPD-Pult“ vom 15. 2. 2018, das den Körper ohne Kopf eines Mannes im einen Talar zeigt und anstelle von dessen Kreuz ein Hakenkreuz ins Bild manipuliert worden ist, ist für vier Stunden in der E-Paper-Ausgabe eine Bildfassung mit Kopf sichtbar geworden. Das Bild zeigt einen Geistlichen der Nordkirche, der mit der Sache absolut nichts zu tun hat. Wir bitten um Entschuldigung. Die taz

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