Personalmangel Berliner Jugendämter: Kinderschützer werden mehr

Die Jugendämter sollen 160 zusätzliche Stellen bekommen, fordert Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD). Dass es neues Personal geben wird, steht bereits fest.

Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) will mehr Personal für die Jugendämter. Bild: DPA

Seit Jahren klagen die MitarbeiterInnen in den Jugendämtern über Personalmangel. Nun bekommen sie Rückendeckung von den zuständigen Stadträten und Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD): Sie haben berechnet, dass eine Mitarbeiterin mit einer Vollzeitstelle im Kinderschutzbereich sich nicht um mehr als 65 Familien kümmern sollte. Eine solche Obergrenze hätte zur Folge, dass Berlin sein Personal in den Jugendämtern deutlich aufstocken müsste. Scheeres sagte bei einem Pressegespräch am Freitag: „Perspektivisch benötigen wir 160 Stellen mehr.“ Acht Millionen Euro würde das pro Jahr ungefähr kosten.

Die Jugendämter sind für Schulschwänzer genauso zuständig wie für Kindesmisshandlungen oder Heimunterbringungen. Die Zahl der Fälle steigt seit langem: 2005 wurden berlinweit 15.200 Familien betreut, 2012 waren es schon 20.200. Das Personal in den Ämtern hielt mit dieser Entwicklung nicht Schritt. Im Gegenteil: Juliane Witt (Linkspartei), Jugendstadträtin in Marzahn-Hellersdorf, berichtete, dass in ihrem Bezirk im Zuge von Sparmaßnahmen 46 Stellen im Jugendamt abgebaut wurden. In der Praxis kämen auf einen Sozialpädagogen 80 Fälle, so Witt. Jede Woche erhalte sie mindestens zwei Meldungen von KollegInnen wegen Überlastung.

JugendamtsmitarbeiterInnen aus verschiedenen Bezirken haben bereits mehrfach gegen Personalmangel demonstriert. Sie warnen, dass sie mit der jetzigen Ausstattung ihrem Kinderschutzauftrag nicht mehr gerecht werden könnten.

2010 hatte der Senat schon ein Mal ein so genanntes Musterjugendamt entwickelt. Es sah einen Standard von 45 Fällen pro MitarbeiterIn vor. Dieses Modell lehnte der Rat der Bürgermeister jedoch ab.

Anders als damals sprudeln heute die Steuereinnahmen, es gibt wieder etwas zu verteilen. Die Finanzverwaltung verhandelt derzeit mit den Bezirken, wo es angesichts der wachsenden Bevölkerung in den kommenden Jahren mehr Personal bedarf. „Die Jugendämter werden da keinen kleinen Anteil ausmachen“, verriet Jens Metzger, Sprecher der Finanzverwaltung. Im April sollen die Ergebnisse der Gespräche veröffentlicht werden. Der Jugendstadtrat von Neukölln, Falko Liecke (CDU) wusste am Freitag schon Konkretes zu berichten: 300 neue Stellen gebe es für die Bezirke insgesamt, acht davon seien ihm für sein Jugendamt zugesagt worden.

Doch neue Stellen alleine helfen nicht, der Job muss auch attraktiver werden. Über sieben Prozent der Stellen sind Scheeres zufolge derzeit nicht besetzt. Das könnte auch an der Bezahlung liegen: Die SozialpädagogInnen verdienen in den Berliner Jugendämtern rund 300 Euro weniger als in anderen Bundesländern. Junge MitarbeiterInnen im Kinderschutzbereich blieben zudem oft nicht lange, berichtete die Senatorin. Gemeinsam mit den Bezirken hat sie sich daher vorgenommen, die Begleitung der BerufseinsteigerInnen zu verbessern.

Das zusätzliche Personal in den Jugendämtern soll nicht ausschließlich für den Kinderschutz eingesetzt werden, sondern auch für die Verwaltung von Elterngeld und Kitagutscheinen. Auch dort häuft sich die Arbeit. In Friedrichshain-Kreuzberg betrage die Bearbeitungszeit eines Antrags im Moment 14 Wochen, sagte Bezirksbürgermeisterin und Jugendstadträtin Monika Herrmann (Grüne). Diese Zeit auf acht Wochen zu reduzieren, sei das Ziel. „Wenn ich einen Elterngeldantrag nicht bewilligen kann, gerät eine Familie in eine finanzielle Schieflage.“

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