Personalpolitik der CSU: Zu brav, zu lieb, zu angepasst

Horst Seehofer will womöglich seinen Posten frühzeitig abgeben. Ilse Aigner wurde mal als seine Nachfolgerin gehandelt. Das scheint vorbei zu sein.

Bekommt wohl keinen Super-Posten, trotz Super-Outfit: Ilse Aigner Foto: dpa

MÜNCHEN taz | Niemand kann sagen, dass Ilse Aigner (CSU) nicht fleißig wäre. Dienstagnachmittag etwa war die bayerische Wirtschafts- und Energieministerin bei der Eröffnung der Münchner Medientage. Es sprachen Ministerpräsident Horst Seehofer sowie Bundeskanzlerin Angela Merkel, Aigner hörte zu und lächelte. Abends ging es weiter ins ferne Hof, wo die Internationalen Filmtage stattfinden. Aigner ist in Bayern auch „Medienministerin“. Weiter reiht sich ein Betriebsbesuch an den nächsten. Da steckt viel Mühe drin. Aber es glänzt nicht. Nicht so, wie es in Bayern glänzen sollte.

Vor drei Jahren hatte Seehofer die Dirndlträgerin aus dem Bundeskabinett zurück nach Bayern kommandiert – „die Ilse“, wie sie in der Partei genannt wird, sollte Seehofers Geheimwaffe werden. Ihre Funktion: Neutralisierung des unbändigen Emporkömmlings Markus Söder, Schaffung eines Waffengleichstands.

Jetzt bringen sich die als „Alpha-Tiere“ titulierten CSU-Männer in Stellung. Der Parteivorsitz ist 2017 zu haben, wenn man Seehofers orakelhaften Ankündigungen Glauben schenkt, sowie im Herbst desselben Jahres ein Posten als CSU-Superminister im Bundeskabinett. Und 2018 womöglich der MP-Job in der Münchner Staatskanzlei. Alle Prinzlinge im Hofstaat werden nun durchgespielt: Finanzminister Markus Söder, der behäbig auftretende Innenminister Joachim Herrmann oder auch Manfred Weber, der jetzige CSU-Abgesandte im EU-Parlament. Ein Name aber taucht nicht auf – Ilse Aigner.

Zu brav, zu lieb, zu angepasst. Und deshalb abgeschrieben. Singulär ist das allerdings nicht als CSU-Frau. Aus den unterschiedlichsten Gründen konnte sich keine der Hoffnungsträgerinnen nachhaltig behaupten. Christine Haderthauer stürzte über Verschleierungen und die Raffgier des Ehemannes, der mit Modellautos gehandelt hatte, die von psychisch kranken Straftätern fast gratis gefertigt worden waren. Beate Merk, einst Justiz- und jetzt Europaministerin, überlebte den Fall des Psychiatrie-Insassen Gustl Mollath politisch nicht. Andere bleiben Frauen in der zweiten Reihe. Echte Frauenförderung sieht anders aus.

Die Männer stehen wie 'ne Eins

Die christsozialen Männer hingegen halten alles aus und drehen immer noch weiter auf. Seehofer gibt sich als klügster Stratege, den der Freistaat zumindest seit Franz Josef Strauß gesehen hat. Als Markus Söder in München Umweltminister wurde, pries er sein Haus als „Lebensministerium“ an. Im Finanzressort, so meint er, sitzt er sowieso an den wichtigsten Schalthebeln der Regierung.

Da wirkt die große Ilse Aigner klein. Horst Seehofer überließ ihr das leidige Thema Energiewende und Stromtrassen. Sie leitete runde Tische mit Windradbefürwortern und -gegnern, mit Stromtrassenanhängern und -Neinsagern. Sie scheiterte. Und Seehofer gab den Retter, zog nach Berlin, setzte sich in der Koalition mit den Erdkabeln durch. Wenn man’s nicht selber macht …

CSU-Frauen bleiben in der zweiten Reihe. Echte Frauenförderung sieht anders aus

Dabei ist Ilse Aigner sogar stellvertretende Ministerpräsidentin und damit offiziell die zweite Person in der Regierungsnomenklatura. Sie führt den mächtigsten CSU-Bezirk Südbayern an. Gerade dort aber stellt sich Söder immer breiter auf. Im März dieses Jahres hatte sie einen Anflug von Machtwillen gezeigt. Da meinte sie, sie würde eine gute Ministerpräsidentin abgeben. Und zudem sagte sie noch etwas von wegen Teamarbeit. Horst Seehofer verbat sich daraufhin von ihr, was er selbst mit am liebsten macht: das Anheizen von Personalspekulationen.

Markus Söder sagt über Ilse Aigner: „Wir sind seit über 30 Jahren eng befreundet.“ Sie habe ihn damals als JU-Chef vorgeschlagen, „als die Nummer eins“. Beim Maibockanstich im Hofbräuhaus meinte der Finanzminister unter Beifall: „Ilse, bleib bei deiner Meinung!“ Dieses bayerische Derblecken ist teils Gaudi, teils ist es aber ernst. Und meinen kann man ja immer viel – während andere Entscheidungen fällen.

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