Personalwechsel bei Schalke 04: Sogar auf das Chaos vorbereitet

Nach dem Abgang von Sportdirektor Rouven Schröder und der Verpflichtung von Trainer Thomas Reis will Schalke zeigen, dass man die Kontrolle hat.

Thomas Reis posiert vor einer Sponsorenwand

Schalkes neuer Trainer Thomas Reis soll das Ruder herumreißen Foto: Roberto Pfeil/dpa

So ein kleiner persönlicher Rückblick kann beim Einstieg in eine neue Aufgabe hilfreich sein. Thomas Reis setzte diesen Gedanken bei seinem frisch angetretenen Engagement beim FC Schalke 04 so beherzt um, dass er sich nicht nur – betont selbstbewusst – für seine Mitte September unfreiwillig beendete letzte Tätigkeit in Bochum lobte. Sondern er blätterte in seiner Vita noch ein ganzes Stück weiter zurück, landete in der eigenen Profikarriere – aus der er dann zu berichten wusste: „Ich habe als Spieler mit Bochum schon hier gespielt, und es ging immer ums Prestige.“ So weit, so erwartbar. Doch dann fügte Reis noch hinzu: „Das Ganze ist mehr als eine Nummer größer.“

Die unterschiedliche Strahlkraft der beiden Revierklubs, die aktuell einträchtig ganz unten im Bundesliga-Tableau stehen, war seitens des neuen S04-Trainers somit geklärt. Nun geht es um die nahe Zukunft – und die reicht gerade bei den Gelsenkirchenern momentan bis zum 12. November. Dann empfangen die Königsblauen die Bayern zu ihrer letzten Partie vor der langen WM- und Winterpause. Anschließend wird Inventur gemacht – um zu sehen, wie groß die Anstrengungen ausfallen müssen, um den direkten Wiederabstieg zu verhindern.

„Wichtig ist, dass man lernt, wieder stolz zu sein, diese Farben zu tragen“, sagt Thomas Reis. Dies wolle er mit der Mannschaft jetzt angehen – denn von dem unbändigen Stolz, den die Gelsenkirchener im Frühjahr, als Zweitligameister umgehend in die erste Fußball-Klasse zurückgekehrt, verspürten, ist kaum etwas übrig. Zu schwach, zu harmlos, zu nichtssagend waren die Auftritte, die das Team unter dem im Sommer verpflichteten Cheftrainer Frank Kramer aneinanderreihten.

Kramer, im April erst beim späteren Absteiger Bielefeld entlassen, musste vor zehn Tagen, nach dem desaströsen 1:5 im Pokal in Hoffenheim, gehen. Nun hat der Bochumer Aufstiegstrainer Reis sein sportliches Erbe angetreten. Die Herausforderung, den Klassenerhalt zu schaffen, sei „ohne Frage ein große“, sagt der 49-Jährige dazu mit großem Realitätssinn, erläutert aber zugleich: „Mut zum Risiko gehört dazu.“

„Schalke brennt nicht“

Der Mut und vor allem die Kraft, dieses anspruchsvolle Unterfangen weiter zu begleiten, haben Rouven Schröder gerade verlassen. Am Tag vor Reis’ Einstellung auf Schalke quittierte der gebürtige Sauerländer dort seinen Job als Sportdirektor. Eine sehr ungewöhnliche Konstellation – weswegen sich Sportvorstand Peter Knäbel am Donnerstag auch mit der Feststellung konfrontiert sah, auf dem Berger Feld habe tags zuvor mal wieder das Chaos regiert.

Dem trat Knäbel, der kommissarisch einen Großteil von Schröders Aufgaben übernimmt, entgegen: „Alle sagen, Schalke brennt. Aber Schalke brennt nicht – weil wir vorbereitet waren.“ Vorbereitet auch auf den Abmarsch von Schröder. Der frühere Mainzer Manager war nach seinem Einstieg bei S04 im Sommer 2021 dafür gefeiert worden, mit sehr überschaubaren finanziellen Mitteln einen Kader zusammengezimmert zu haben, mit dem postwendend der Wiederaufstieg gelang.

Der nächste Umbruch vor dieser Saison, in einem wirtschaftlich ebenfalls engen Korsett, glückte dann weniger gut. Passend war daher der Kommentar, mit dem sich Schröder, dessen Vertrag auf Schalke ruht, Mitte der Woche verabschiedete. „Gemeinsam haben wir 18 höchst intensive Monate erlebt“, erklärte der 47-Jährige.

Um auf Schalke arbeiten zu dürfen, beteiligte sich Übungsleiter Reis nun sogar selbst finanziell an dem Auflösungsvertrag mit dem VfL Bochum. Und mit der Partie gegen Freiburg, frischgebackener Gruppensieger in der Europa League, beginnt für ihn und sein Ensemble am Sonntag eine Miniserie von vier Spielen – nach der dann gezielt Nabelschau betrieben werden soll. Mal wieder.

Kurz vor seinem Abschied sprach Rouven Schröder von einer „für unseren Verein wegweisenden Rückrunde“. Wie der Kader des derzeitigen Liga-Schlusslichts bei Wiederaufnahme des Spielbetriebs in der zweiten Januarhälfte aussieht, steht aktuell in den Sternen. „Wir gucken, was möglich ist und werden versuchen, uns im Winter zu verbessern“, kündigt Knäbel an. Bis es so weit ist, pocht der neue Coach aber erst einmal auf den Faktor Stolz. „Jetzt schon über Bedarf im Winter zu reden, fände ich dem Team gegenüber unfair“, betont Thomas Reis – und macht den Schalkern verbal schon mal Beine: „Jeder hat nun ein paar Spiele Zeit zu zeigen, dass man mehr drauf hat.“

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