Personenführung #141: Jutta Lietsch: Faustdick hinter den Ohren

Seit den 1980er Jahren bereicherte Jutta Lietsch die taz mit ihren Texten und ihrem Einsatz gegen Worthülsen.

Bild: Wolfgang Borrs

von KLAUS HILLENBRAND

Wenn Jutta Lietsch etwas zu sagen oder zu schreiben hat, dann geschieht das gänzlich ohne Tschingdarassabumm. Ruhig, besonnen und charmant bringt sie ihre Kritik vor, detail- und kenntnisreich sind ihre Texte. Eine Norddeutsche eben, der es abgeht, allzu viel Gewese um die eigene Person zu machen. Dabei hat es Jutta Lietsch faustdick hinter den Ohren.

Bei all ihrer Freundlichkeit kann sie auch den wichtigsten Wichtig-wichtig-Redakteur*innen deutlich machen, was geht und was nicht. Lange währt ihr Einsatz gegen die Verbreitung von Worthülsen in dieser Zeitung. „Die Medien“ wurde in der taz gerne geschrieben, wenn man bestimmte Medien kritisieren wollte und so tat, als sei die taz gar kein Medium. „Die Politik“ ist eine immer wieder geschriebene Hülse, wenn doch bestimmte Politiker oder Parteien gemeint sein müssten.

Saubere Sprache

Jutta wurde nicht müde in ihren Appellen an uns, auf eine saubere Sprache zu achten, ebenso wie auf eine saubere Argumentation. Das gilt für Leitartikel, aber auch für die berühmte Rubrik „verboten“, deren Autoren lernen mussten, dass ein Lietsch-Argument gegen ewige Hitler-Vergleiche nicht leicht wegzuwischen ist.

Jutta Lietsch kam in den 1980ern zur taz. Ihre erste nachweisbare Arbeit für diese Zeitung bestand in der Übersetzung eines Interviews mit der französischen Schriftstellerin Nathalie Sarraute, erschienen am 23. 11. 1984 mit dem seltsamen Titel „Weder Mann noch Frau noch Hund“.

Mit Können und Leichtigkeit

Jutta hatte Sozialwissenschaften studiert und einige Jahre in China verbracht. Das prädestinierte sie später zur Asien-Redakteurin in der taz, eine Arbeit, der sie mit Können und Leichtigkeit nachging. Sie ging nach Bangkok, anschließend nach Peking. Die Ortsmarken, unter denen sie ihre Texte verfasste, die von Nordkorea bis auf die Philippinen reichen, ist Legion. Die Anekdoten, von Hubschrauberabstürzen bis zum Smogalarm, sind es auch.

2011 kam Jutta zurück nach Berlin – zum damals gerade gegründeten Ressort taz.eins, verantwortlich für die ersten Seiten der Printausgabe. Zwischen Schwerpunktseiten und Titelkonferenzen begann ihre zweite Karriere als Sprach- und Argumente-Wächterin. Jetzt geht Jutta in Rente. Wer soll uns nun davor bewahren, plumpe Plattheiten und krumme Kommentare zu verbreiten?

Liebe Jutta, wir brauchen dich!