Pet Shop Boys jetzt sozialdemokratisch: Was tun mit den Reichen?

Gegen Betrüger, Populisten, soziale Medien: Das Pop-Duo Pet Shop Boys setzt sich an die Spitze einer kommenden sozialdemokratischen Bewegung.

Im Hintergrund eine höfische Szene in Schwarzweiß, darüber in knallroten Lettern der Refrain des Lieds „What are we going to do about the rich?“ der Pet Shop Boys.

Polemik gegen Superreiche: Der Clip zu „What are we going to do about the rich?“ Foto: Pet Shop Boys

Das Universum besteht aus Wellen, und auch die Geschichte der Menschen lässt sich in Wellenbewegungen beschreiben. Mal geht’s rauf, mal geht’s runter, und wenn man Glück hat, weist die Gesamttendenz nach oben. Die Idee der Sozialdemokratie befindet sich derzeit ganz tief unten in der Sinuskurve. Das heißt aber auch, dass ihr Comeback bevorsteht. Die Indizien mehren sich.

Die Pet Shop Boys, Elder Statesmen des Pop, der als Barometer gesellschaftlicher Trends nur selten trügt, haben in der vergangenen Woche peu à peu neue Songs veröffentlicht, drei satirische, einen traurigen. In der EP „Agenda“ zusammengefasst, zeugen sie von einem angriffslustigen, selbstbewussten, sozialdemokratischen Denken, das die Welle des Weltgeists reitet.

„What are we going to do about the rich?“ ist das munter vorwärts marschierende Stück mit dem größten Hitpotenzial und einer Melodie, die sich recht infektiös in die Gehörgänge schraubt. Das Lied ist laut Sänger Neil Tennant „eine Art spöttischer Protestsong“, in dem es um die „extrem Reichen“ gehe, „Oligarchen und dergleichen“. Also um jenes eine Prozent der Weltbevölkerung, das wie einst die Feudalherren die halbe Welt besitzt, weswegen im Video zum Song eine alte Filmaufnahme zu sehen ist, in der eine barocke königliche Hoheit Orden verteilt. Die Guillotine denken wir uns dazu.

Thema sind also jene, die gar keine Steuern zahlen, wie Tennants Kollege Chris Lowe ergänzt. Der Song selbst bringt das in der gewohnt minimalistischen Manier des britischen Duos auf den Punkt: „They’re avoiding paying taxes, while the welfare state collapses.“

Weg mit dem neofeudalen Regime

Das ist ein Skandal, der nicht mehr hingenommen werden kann, weil es nur zwei Möglichkeiten gibt, legen uns die Pet Shop Boys nahe: Entweder die Reste unserer sozialen Demokratie machen demnächst der Tyrannei Platz, oder wir fegen das neofeudale Regime hinweg: „They say democracy is simply very bad for business, while deploring student protests in the middle of Hong Kong.“

Was aufgeschrieben etwas holprig und wie aus dem Handbuch eines sozialdemokratischen Agitators klingt, fügt sich gesungen wunderbar in die raffiniert-simplen Melodien und Arrangements von Chris Lowe. Die Superreichen, die Fußballclubs, Zeitungen und Fernsehsender kaufen, sind nur eine Facette des Problems. Den Populismus greifen die Pet Shop Boys in „Give stupidity a chance“ an. Im Video ist der Staatsbesuch Nicolae Ceaușescus in Nordkorea im Jahr 1978 zu sehen, während Neil Tennant das Mantra der Populisten intoniert, die laut „Mut zur Wahrheit!“ rufen, aber ständig selber Fake News verbreiten: „Why face the facts, when you can just feel the feelings?“

Rauf mit den Höchststeuersätzen

Dass die Misere auch mit uns zu tun hat, verhandeln die Pet Shop Boys in ihrer dritten sozialdemokratischen Handreichung, „On Social Media“, deren Videoclip man sich auf dem Smartphone anschauen sollte, wo er die größte Wirkung entfaltet: „While democracy is losing its way, and greed is getting greedier, console yourself with a selfie or two and post them on social media.“

Also frisch voran, Sozialdemokraten! Hört auf die Agenda der Pet Shop Boys: Rauf, rauf mit den Höchststeuersätzen!

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