Piraten und die Presse: Die Freiheit der Rechten

Auf dem Parteitag der Piraten wird ein Journalist der rechten Zeitung „Junge Freiheit“ geschnitten. Weil sich die Sprecherin bei ihm dafür entschuldigt, kriegt sie nun Ärger.

Links und Rechts gilt es zu unterscheiden. Bild: Stihl024 / photocase.com

BERLIN taz | Anita Möllering hat es nicht leicht: Die Frau ist neue Pressesprecherin der Piratenpartei. Erst seit wenigen Wochen ist sie eine der ersten AnsprechpartnerInnen für Journalisten, die über die Partei berichten wollen. Neulich rief ein Journalist der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit an. Und weil der sich nun mies behandelt fühlt und das Hohelied der Pressefreiheit singt, hat Anita Möllering ihre erste Debatte am Hals: Gilt die Pressefreiheit auch für bundesweit bekannte Rechtsausleger? Und wie halten es die Piraten mit dieser Frage?

Am Montag hatte die Junge Freiheit auf ihrer Homepage „entschieden gegen die Behandlung ihres Reporters auf dem Parteitag der Piraten am Wochenende in Neumünster“ protestiert – denn Möllering hatte dem Mann nach ihrer eigenen Aussage „die Gastfreundschaft verwehrt“ – es sollte ein klares Zeichen gegen Rechts sein.

Denn die Junge Freiheit ist ein Sprachrohr der Neuen Rechten. Zwar beschreibt die Zeitung sich selbst als konservativ, tatsächlich kann sie aber als Brückenmedium in die rechtsextreme Szene gelten. Immer wieder bekamen PolitikerInnen in der Vergangenheit Probleme, weil sie naiv oder im guten Wissen um die Richtung des Blattes freimütig Interviews gaben. Funktionäre wie der superkonservative Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, haben dagegen keine Probleme damit, der Zeitung auch als Gastautoren zur Verfügung zu stehen.

Vor dem Hintergrund der Rechtsextremismusdebatte in der Partei wollte Anita Möllering also ein Zeichen setzen. Besondere Entgegenkommen wie einen Arbeitsplatz im Pressebereich, der Zugang zu Getränken für Pressevertreter und eine Vermittlung von Interviews sollten dem Vertreter des Blattes auf dem Parteitag verwehrt bleiben – ganz ausschließen wollte Möllering ihn jedoch nicht. „Dass jeder Journalist das Recht hat, Pressematerial einzusehen und an Pressekonferenzen teilzunehmen, gehört zur Presse- und Meinungsfreiheit in Deutschland“, sagte sie am Dienstag zu taz.de. Für diesen Standpunkt bekommt sie jetzt gleich von zwei Seiten Ärger.

Keine vollständige Akkreditierung

Denn weil Möllering dem Mann die vollständige Akkreditierung verweigert hatte, erhielt dieser letztlich doch keinen Zugang zu spontanen Pressekonferenzen. Und nachdem er sich ihr gegenüber darüber kräftig echauffierte, entschuldigte sich die Pressesprecherin dem Journalisten gegenüber schließlich am Telefon. Ihm sei zugesagt worden, dass er an allgemein zugänglichen Pressekonferenzen teilnehmen könne, das habe aber nicht immer geklappt, sagte Möllering, die bei Twitter privat unter dem Namen @anuschka78 kommuniziert, auch zu taz.de.

Das empört nun einige in der Piratenpartei. „Kein Sorry für Nazis!“ hieß es am Dienstagnachmittag auf dem Twitter-Account der „Piraten gegen Rechts“. Und weiter stand da: „Wir nehmen dieses Verhalten von @anuschka78 so nicht hin!“.

Die kontert über ihren Twitter-Account: „Wir sind die mit der Pressefreiheit und dem freien Zugang zu Information“ – und sagt, dass es richtig war, sich zu entschuldigen. „Wenn viele es als Problem ansehen, Journalisten der Jungen Freiheit Informationen zu geben, dann ist es nicht meine Rolle, das zu entscheiden“, sagte Möllering zu taz.de. „Dann muss es darüber eine Debatte in der Partei geben.“

Kleine Frage, großes Problem – die Debatte darüber, wie mit den Rechtsauslegern der Jungen Freiheit bei den Piraten umzugehen ist, bekam sie schneller als sie dachte. Nicht einfach, das.

Der Autor Martin Kaul berichtet für die taz über die Piraten und twittert unter @martinkaul.

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