Piraten vor den nächsten Wahlen: Nur ein Kind Berlins?

Bei den anstehenden Landtagswahlen wird sich zeigen, ob die Piraten ihren Triumph aus Berlin auch andernorts wiederholen können. Nicht alles spricht dafür.

Mal nicht die typischen Berufspolitiker: Berliner Piraten im Wahlkampf, ganz rechts Martin Delius Bild: reuters

BERLIN taz | "Sind die Piraten ein Kind Berlins?" Diese Frage bringt Martin Delius in Verlegenheit. Kein Wunder, denn er ist der parlamentarische Geschäftsführer der Piratenfraktion in Berlin. Und er will mit seiner Partei jetzt bundesweit durchstarten. Kann die Piratenpartei das schaffen? Oder ist sie im Kern nicht einfach ein Berliner?

"Wir sind natürlich in Berlin verwurzelt und haben hier viel Feedback", sagt Delius, "besonders aus der künstlerischen, alternativen und ökonomischen Szene". Diese Berliner Szene sei jung, innovativ und über das Internet verknüpft. Allerdings würde er seinem Landesverband keine besondere Rolle zuschreiben, weder bei der Entstehung der Partei noch bei der Ausrichtung der Bundespartei.

Die Piraten in Deutschland identifizierten sich über das Internet, nicht über einen besonderen Standort in Deutschland. Auch die Hauptstadt sei keinesfalls das Zentrum der Partei. Zum Berliner Wahltriumph sagt er ganz schlicht: "Wir hatten zur richtigen Zeit die richtigen Themen."

Immerhin erreichten die Piraten im September 2011 fast neun Prozent und zogen mit 15 Abgeordneten ins Berliner Parlament ein. Dieser Erfolg kam in dieser Höhe zwar überraschend, im Vorfeld hatten die Umfragen aber angedeutet, dass die Piratenpartei es ins Parlament schaffen könnten. Sieben Monate zuvor in Hamburg hatten die Piraten bereits gut zwei Prozent errungen.

Beste Bedingungen in der Hauptstadt

In Berlin hatten sie dabei bessere Ausgangsbedingungen als in anderen Bundesländern. Viele potentielle Grünwähler waren von dem personenbezogenen und etwas altbackenen Wahlkampf ihrer Partei enttäuscht. Zusätzlich entwickelten die Piraten einen ähnlichen Charme wie früher die Grünen: Viele Nichtwähler wollten wieder ganz normale Menschen ins Parlament schicken. Das durften ruhig auch mal Nerds sein, solange es keine Berufspolitker waren.

Der Parteienforscher Gerd Langguth von der Universität Bonn hebt einen weiteren wichtigen Aspekt hervor: "Auf Länderebene sind die Wähler experimentierfreudiger als bei Bundestagswahlen." Auf Bundesebene seien die Wähler viel eher darauf aus, dass ihnen Lösungen für ihre Probleme angeboten werden. Durch die niedrigere Wahlbeteiligung auf Landesebene habe zudem die Mobilisierung von Nichtwählern mehr Gewicht. Von diesem Effekt konnte die Piratenpartei ebenfalls profitieren.

Ob die Piraten auch in anderen Bundesländern oder sogar auf Bundesebene in die Parlamente einziehen können – das vorherzusagen, so der Parteienforscher, dafür sei es im Moment wahrscheinlich noch zu früh. Zeigen werde sich dies vermutlich nach den Wahlen im Saarland und in Schleswig-Holstein, welche im März und im Mai anstehen. Gerd Langguth aber glaubt, dass die Piratenpartei längerfristig durchaus Chancen auf den Einzug in den Bundestag habe.

Welche Rolle also nun hat Berlin gespielt? Sicher ist für den Parteienforscher, dass die Piraten in dieser Stadt eine besonders glückliche Situation vorgefunden haben. Ihre Feuerprobe müssten sie erst noch bestehen. In dem eher ländlich geprägten Schleswig-Holstein und dem nicht gerade modernen Saarland könnten sie nicht auf so viel Potenzial hoffen, wie es die Hauptstadt geboten habe.

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