Pläne für die Frankfurter Buchmesse: Zu wichtig

Noch ist vieles unklar, aber dass die Frankfurter Buchmesse stattfinden soll, ist wichtig – wirtschaftlich und kulturell.

Zwei Menschen stehen an einem kleinen Buchstand in der Messehalle

Klar ist, Buchmesse geht in diesem Jahr nur mit viel Abstand am Stand Foto: Andreas Arnold/dpa

So viele Unwägbarkeiten! Vielleicht wird es Mitte Oktober ja einige milde, fast wie Indian Summer anmutende Tage geben, so dass viele Empfänge und Debatten draußen im Freien stattfinden können. Vielleicht hat sich die Reproduktionszahl der Infektionen auch noch weiter verringert. Und vielleicht hat man sich an virtuelle Diskussionsrunden bis dahin auch noch ein bisschen mehr gewöhnt. Dann kann man sich die diesjährige Frankfurter Buchmesse gut vorstellen.

Vielleicht aber setzt gerade die zweite Welle an. Vielleicht weht ein empfindlich kalter Nieselregen durch Frankfurt. Und vielleicht ist man das ganze Virtuelle in ein paar Monaten längst leid geworden. Dann wird das alles ein Desaster …

Das sind viele Vielleichts. Sie bewirken, dass niemand jetzt schon sagen kann, ob die Entscheidung, die Frankfurter Buchmesse in veränderter Form, aber terminlich wie geplant ab dem 14. Oktober stattfinden zu lassen, richtig war oder falsch. Das weiß man erst nach dem letzten Messetag und ganz sicher sogar erst zwei Wochen später, weil erst dann klar ist, ob die Messe tatsächlich zu keinem Infektions-Hotspot geworden ist.

Doch wie es bei solchen Großveranstaltungen mit weltweiter Ausstrahlung halt ist: Es hängt viel dran. Der Frankfurter Oberbürgermeister drängelte. Viele Verleger:innen machten deutlich, wie wichtig die Messe ist, um Literatur gesellschaftlich sichtbar zu machen; Romane kommen sonst halt selten in die Hauptnachrichtensendungen. Die Buchhändler:innen brauchten eine Perspektive, die Veranstalter:innen Planungssicherheit. Also, eine Entscheidung musste her – und sie wurde, das zumindest lässt sich jetzt schon sagen, keineswegs leichtfertig gefällt. Da waren – das zeigen die Planungen, soweit sie bislang bekannt ist – keineswegs Leute am Werk, die Corona auf die leichte Schulter nehmen.

Die Messe wird teils auf dem Frankfurter Messegelände, teils in der Stadt, zu gewichtigen Teilen auch gestreamt, gezoomt und sonstwie im Internet stattfinden. Das lässt den Veranstalter:innen Spielraum, die jeweiligen Anteile und Akzente noch zeitnah zu verändern. Das Messegelände selbst wird angepasst. Es wird zusätzlichen Platz für Abstände zwischen den einzelnen Messeständen geben, die ganz kleinen Stände, in denen man gar nicht anders kann, als sich direkt gegenüberzustehen, wird es nicht geben. Vieles, was bei einem normalen Einkauf im Supermarkt inzwischen selbstverständlich ist – Securitys, die nur eine vorgegebene Anzahl Menschen durchlassen, Plexiglasscheiben –, wird zum Einsatz kommen.

Wie werden die Menschen nach Frankfurt kommen? Werden sie überhaupt kommen

Und für die Verleihungen des Deutschen Buchpreises und des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, die die Messe rahmen, kann man sich noch andere Verfahren als eine repräsentative Festveranstaltung überlegen. Während die Leipziger Buchmesse vom Ausbruch der Pandemie terminlich kalt erwischt und dann abgesagt wurde, ist es bis zur Eröffnung der Frankfurter Buchmesse halt auch noch Zeit.

Aber, natürlich, Probleme und ungeklärte Fragen bleiben. Wie werden die Menschen nach Frankfurt kommen? Werden sie überhaupt kommen, zumal die aus Übersee? Ab wie vielen Besucher:innen lohnt es sich für einen mittelständischen Verlag anzureisen? Ab wie vielen Besucher:innen ist wiederum die Ansteckungsgefahr zu groß? Ach, und so hundertprozentig sicher, dass die Messe auch tatsächlich stattfinden wird, ist man sich immer noch nicht. Immerhin, es ist gut zu wissen, dass alles getan wird, um sie möglich zu machen, und sei es in kleinerer Form. Um sie bei so langem Vorlauf sang- und klanglos aufzugeben, dazu ist sie zu wichtig. Wirtschaftlich für die Buchbranche. Aber vor allem auch kulturell.

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Dirk Knipphals, Jahrgang 1963, studierte Literaturwissenschaft und Philosophie in Kiel und Hamburg. Seit 1991 Arbeit als Journalist, seit 1999 Literaturredakteur der taz. Autor des Sachbuchs "Kunst der Bruchlandung. Warum Lebenskrisen unverzichtbar sind" und des Romans "Der Wellenreiter" (beide Rowohlt.Berlin).

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