Plattdeutsch: Keen Geld moer

Schleswig-Holstein will die Mittel für das Institut für niederdeutsche Sprache kappen. Ein Ausstieg ist aber nur möglich, wenn sich ein zweiter Abtrünniger findet.

Geehrt - auch gelesen? Fritz Reuter, Goethe des Niederdeutschen. Bild: dpa

Es sei eine Abwägung im Rahmen der Sparmaßnahmen gewesen, sagt die Sprecherin des schleswig-holsteinischen Kulturministeriums. Priorität habe "kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche" - und damit sei die Entscheidung gefallen, das Institut für niederdeutsche Sprache in Bremen nicht länger zu unterstützen. 45.000 Euro spart das klamme Schleswig-Holstein damit jährlich ein. Ob es andere Projekte gibt, denen der gesamte Zuschuss gestrichen wurde? Nein, sagt die Sprecherin, da falle ihr im Moment keines ein.

Das Bemerkenswerte an dieser Vertragskündigung ist jedoch, dass noch sehr unwägbar ist, ob sie überhaupt wirksam wird. Denn das Institut tragen die Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg gemeinsam als Gesellschafter. Ein Ausstieg ist nur möglich, wenn sich ein zweiter Abtrünniger finden sollte. Das zeichnet sich bislang aber nicht ab: Selbst in Kiel bekennt man, es gebe "bislang noch keine Stimmen, die wir dazu gehört haben".

Reinhard Goltz, einer der drei Geschäftsführer des Niederdeutschen Instituts, hat vor fünf Wochen "völlig überraschend" erfahren, dass sich Schleswig-Holstein aus der Arbeit zurückziehen möchte. Eine inhaltliche Begründung dafür hat er nach eigenem Bekunden allerdings nicht erhalten. "Man hätte doch sagen können: Institut, was könnt ihr zur Kinder- und Jugendarbeit beitragen?", sagt Goltz. Und fährt fort, dass man sich zum Beispiel an der Erarbeitung der Hamburger Lehrpläne für ein Unterrichtsfach Niederdeutsch beteiligt habe. Das Institut habe weder durch Faulheit geglänzt, noch silberne Löffel geklaut, insofern sei es unverständlich, warum Schleswig-Holstein nun ein seit 35 Jahren bewährtes Modell in Frage stelle.

Umgangssprachlich wird es Plattdeutsch genannt und bezeichnet die in Norddeutschland und im Osten der Niederlande verbreiteten Mundarten, die nicht von der hochdeutschen Lautverschiebung erfasst wurden.

Strittig ist unter Sprachwissenschaftlern, ob das Niederdeutsche bloßer Dialekt oder eigenständige Sprache ist. Die Sprachencharta des Europarates stellt es unter Schutz - seit 1999 gelten dessen Regelungen in Deutschland.

Mit über 20 Prozent sprechen in Schleswig-Holstein die meisten Menschen gut oder sehr gut Plattdeutsch.

Finanziell gesprochen sieht das vor, dass die vier Bundesländer einen nach Einwohnerzahl und Steueraufkommen berechneten Beitrag zahlen: neben den 45.000 Euro aus Schleswig-Holstein zahlt Hamburg 35.000 Euro, Mecklenburg-Vorpommern 7.000 Euro, Bremen als Sitz des Instituts 86.000 Euro und Niedersachsen den Löwenanteil mit 126.000 Euro. Daneben konnte das Institut in den letzten Jahren den Bund mit 50.000 Euro als Geldgeber gewinnen, sowie den Landschaftsverband Westfalen-Lippe mit 5.800 Euro. Finanziert werden damit drei Geschäftsführer, eine Bürokraft, zwei 400 Euro-Jobs und die laufenden Projekte.

Fragt man Geschäftsführer Goltz, wie er der Landesregierung - stünde man im Gespräch - die Bedeutung des Instituts vermitteln würde, nennt er zuerst die Sammlung. "Das klingt zwar langweilig", räumt er ein, "aber wir sammeln und dokumentieren alles, was in und über Plattdeutsch publiziert wird". Im Institut sei das erste Handwörterbuch und die einzige umfangreiche Grammatik des Plattdeutschen entstanden. Nicht zuletzt erfülle man eine "sprachpolitische" Aufgabe, unter anderem sei die Geschäftsführung des Bundesrates für Niederdeutsch im Institut angesiedelt.

Niedersachsen, der größte Geldgeber, scheint diese Ansicht zu teilen. Dort bekräftigt man, das Institut weiterhin im alten Umfang unterstützen zu wollen. Ein Gespräch aller Gesellschafter erwartet Goltz für den November.

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